"Wie geht Adoption?"
Interview: Katrin Labusch
Was müssen Eltern tun, die gerne ein Kind adoptieren würden?
In einem ersten Gespräch mit dem interessierten Paar werden zuerst die formalen Voraussetzungen geklärt. Dazu gehören unter anderem ein ausreichendes Einkommen, die Ehe und falls ein Paar medizinische Hilfe beim Kinderwunsch in Anspruch genommen hat, muss diese Behandlung abgeschlossen sein. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kommt das Paar zunächst auf eine Warteliste und muss ungefähr ein Jahr lang warten. Zum gegenseitigen Kennenlernen gibt es dann eine Infoveranstaltung und anschließend intensive Vorbereitungsgespräche. Außerdem wird ein Kinderprofil erstellt, bei dem die Bewerber ihre Vorstellungen dokumentieren. Auch eine Beschreibung des eigenen Lebens ist eine der wichtigen Bestandteile für unsere Unterlagen. Wenn alles vollständig ist, schauen wir uns bei einem Hausbesuch die Lebensverhältnisse an und fassen zum Schluss alles in einem Sozialbericht zusammen. Die Interessierten landen dann im Bewerberpool. Wenn ein Kind vermittelt werden soll, schauen wir immer in diesem Bewerberpool, welches das passendste Elternpaar ist.
Könnten Sie mir den Prozess der Adoptionsfreigabe kurz schildern?
Die Eltern melden sich manchmal schon während der Schwangerschaft, aber manchmal auch erst nach der Geburt des Kindes. Wenn sie sich bei uns gemeldet haben, beraten wir ergebnisoffen. Wir erläutern das Prozedere, die rechtlichen Konsequenzen und schauen gemeinsam nach Alternativen zur Adoption. Wenn sie sich nach der Geburt noch immer eine Adoptionsfreigabe wünschen, erteilen sie uns einen Vermittlungsauftrag. Dabei berücksichtigen wir Wünsche und Vorstellungen zu Lebensumständen der Adoptiveltern. Mit den Kriterien suchen wir nach passenden Bewerbern und vermitteln das Kind in eine neue Familie. Frühestens acht Wochen nach der Geburt können die leiblichen Eltern ihre Einwilligungserklärung vor einem Notar erklären, welche die Voraussetzung für die tatsächliche Adoption ist. Wir begleiten die Eltern dann auch zum Notar, um ihnen beiseite zu stehen.
Gab es aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren Veränderungen oder Entwicklungen?
Von meiner Zeit kann ich sagen, dass sich das Verhalten der Bewerber verändert hat. Vor einigen Jahren war es noch ein größeres Thema, dass wir einigen Bewerbern die Angst vor der so genannten halb offenen Adoption und vor der Aufklärung der Kinder nehmen mussten. Mittlerweile sind die Menschen offener und wissen schon, dass es etwas Positives für sich hat. Insgesamt finde ich, dass das Thema Adoption mittlerweile viel präsenter in Gesellschaft und Medien ist.
Sie haben eben von der "halb offenen Adoption" gesprochen. Worin unterscheidet sich diese zur "bekannten" Adoption?
Die halb offene Adoption sorgt dafür, dass es nach der Adoption eine "lose Bindung" zwischen Adoptiv- und Herkunftsfamilie gibt. Das kann in Form von persönlichen Treffen oder durch Briefwechsel durch uns geschehen. Die persönlichen Treffen finden höchstens zweimal im Jahr hier bei uns in diesem Raum statt. Wichtig bei den Treffen ist, dass die abgebenden Eltern sehen, dass sie eine gute Entscheidung getroffen haben und es ihrem Kind gut geht - das ist nämlich immer das Hauptanliegen. Wichtig ist auch, dass die Adoptiveltern und auch das Kind sich keine Fantasien machen müssen. Für viele Herkunftsfamilien sind solche Begegnungen allerdings zu schmerzhaft, weshalb sie davon absehen.
Welche Auffälligkeiten gibt es bei Kindern, die ihre leiblichen Eltern nicht treffen können?
Oft beginnt es im Schulalter zwischen sieben und elf Jahren, dass die Kinder Fragen über ihre leiblichen Eltern stellen oder gerne Kontakt aufnehmen würden. Dann wenden sich die Adoptiveltern an uns und wir bieten an, mit dem Kind ein Gespräch zu führen. Ich erkläre dem Kind, dass ich hier damals mit seiner Herkunftsfamilie, aber auch mit seinen Adoptiveltern gesprochen habe. Das Kind soll Sicherheit über seine Situation bekommen. Manchmal genügt das schon. Wenn sich das Kind weiterhin eine Kontaktaufnahme wünscht, versuche ich diesen natürlich herzustellen. Leider muss ich ein Kind aber auch darauf vorbereiten, dass es nicht immer gelingt.
Es gibt auch eine Selbsthilfegruppe für erwachsene Adoptierte, wie ist das entstanden?
Auf mich kamen vor zwei Jahren zwei Damen zu: eine Adoptierte und eine Adoptivmutter. Da sie immer wieder gehört haben, dass bei vielen Adoptierten der Bedarf zum Austausch besteht, haben sie sich hier ein halbes Jahr mit Interessenten getroffen. Für die Adoptierten ist diese Gruppe sehr wertvoll, da sie ihre Erfahrungen austauschen können und viele Gemeinsamkeiten haben. Hier müssen sie sich nicht "erklären".
Was fällt Ihnen schwer an Ihrer Arbeit und was gefällt Ihnen?
Natürlich ist es schwer, das Leid der abgebenden Eltern zu sehen. Da gibt es einige sehr emotionale Situationen, die mich sehr berühren. Insgesamt ist es aber eine durchweg positive Arbeit. Ich freue mich immer, das Glück der Eltern mitzuerleben, wenn die Kinder in ihre Familie kommen und auch, wenn ich weiß, dass wir dem Kind etwas Gutes getan haben.
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