"Wenn ich auf dem Radweg fahre, fühle ich mich sicher", erklärt der 39-Jährige. Doch die Realität sieht anders aus: Häufig enden Radwege abrupt, und Munkelt steht vor der schwierigen Entscheidung, entweder auf die Straße oder den Gehweg auszuweichen. "Auf der Straße parken Autos am Rand und es kommen Fahrzeuge entgegen. Da habe ich Angst vor einem Zusammenstoß", beschreibt er seine Bedenken.
Wenn er stattdessen den Gehweg nutzt, erntet er Kritik von Fußgängern, die ihn belehren, dass er als Erwachsener auf der Straße fahren müsse. Die ständige Erklärung seiner nicht sichtbaren Beeinträchtigung möchte er vermeiden. "Es müsste im ganzen Stadtgebiet durchgehend Radwege geben", fordert er. Dies würde allen Radfahrenden - insbesondere jenen mit Einschränkungen - mehr Sicherheit bieten.
Stufen und Rolltreppen als besondere Hürden
Besonders herausfordernd sind für Munkelt Situationen, in denen er sein Fahrrad tragen muss. "Bei Rolltreppen, die nur in eine Richtung fahren, muss ich mein Rad die vielen Stufen rauf oder runtertragen. Das kostet mich viel Kraft und ich bin jedes Mal völlig außer Atem", schildert er eindringlich. Selbst die Nutzung von Rolltreppen erfordert seine volle Konzentration: "Ich muss die Handbremse gut festhalten, sonst fällt das Rad runter." Trotz dieser Schwierigkeiten schätzt er die Mobilität, die ihm sein Fahrrad ermöglicht.
Freiheit auf zwei Rädern
Das Fahrrad bedeutet für Munkelt ein großes Stück Unabhängigkeit. Es ermöglicht ihm, Ausflüge zu unternehmen, etwa nach Hochheim. Mit Vorfreude blickt er auf das kommende Jahr, wenn er als 40-Jähriger mit geistiger Beeinträchtigung in Rente gehen kann. Dann hat er 20 Jahre Arbeit in einer Werkstatt geleistet und damit Rentenanspruch erworben: "Dann habe ich mehr Zeit für Ausflüge mit meinem Fahrrad."
Sicherheit steht für ihn an erster Stelle: Er trägt stets eine neongrüne Warnweste und seinen blauen Fahrradhelm. "Wenn ich hinfalle, ist mein Kopf geschützt", erklärt er und klopft vertrauensvoll auf den Helm. Sein Fahrrad sichert er in der Frankfurter Innenstadt immer mit einer Stahlkette.
Unsichtbare Behinderung - sichtbare Probleme
Menschen wie Uwe Munkelt, deren Behinderung nicht sofort erkennbar ist, stoßen häufig auf Unverständnis. Er vergleicht seine Situation mit der einiger seiner Freunde im Rollstuhl: "Sie sind öfter auf fremde Hilfe angewiesen, zum Beispiel, wenn Fahrstühle zu den U-Bahnen nicht funktionieren." Er erinnert sich an einen besonders dramatischen Vorfall: "Ein Rollstuhlfahrer ist an der Konstablerwache sogar von der Rolltreppe abgestürzt und nach hinten gefallen."
Kreative Lösungen für alltägliche Probleme
Auch die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs stellt Munkelt immer wieder vor Herausforderungen. Fahrplanänderungen oder Streckenumleitungen werden meist schriftlich mitgeteilt - für ihn ein Problem: "Ich habe schon immer Schwierigkeiten mit dem Lesen von Buchstaben gehabt", erklärt er. In seiner Not hat er eine pragmatische Lösung gefunden: "Unten auf dem Schild steht eine Nummer vom Servicetelefon. Die rufe ich dann immer an und frage nach." Diese Selbsthilfe ermöglicht es ihm, trotz seiner Einschränkungen seinen Alltag zu meistern.
Sein Appell bleibt eindeutig: "Es sollte überall sichere Fahrradwege geben. In beide Richtungen." Eine Forderung, die nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern allen Verkehrsteilnehmern zugutekommen würde.