Hanau. Design und Produktgestaltung treffen auf wohn- und obdachlose Menschen: Passt nicht? Doch! Im vergangenen Jahr kam es zu einer erstmaligen Kooperation zwischen der Brüder-Grimm-Berufsakademie (BGBA) und dem Franziskus-Haus. Herausgekommen ist ein modernes Wegeleitsystem, das die Bedürfnisse wohnungsloser Menschen in den Vordergrund stellt und ihnen hilft, die richtigen Anlaufstellen für ihre Bedürfnisse zu finden.
Wie kann modernes Design in der Wohn- und Obdachlosenhilfe sinnvoll unterstützen? Mit dieser Frage beschäftigte sich Anna-Christina Dritsos im Rahmen ihrer Bachelor-Thesis. Unter dem Titel "Obdachlosigkeit in Hanau- Wie kann Produktgestaltung die Orientierungslosigkeit in Hanau bei obdachlosen Menschen vermeiden?" nahm die Produktgestaltungs-Studentin die Situation von wohnungs- und obdachlosen Personen genau in den Blick. Zu Anfang standen Austausch und die Beschäftigung mit der Zielgruppe, ihren Interessen und Bedürfnissen sowie die Festlegung des Einzugsgebietes im Mittelpunkt. Bei den Gesprächen mit wohnungslosen Personen, Akteuren im regionalen Hilfesystem und gemeinsamen Rundgängen mit der aufsuchenden Straßensozialarbeit des Franziskus-Hauses kristallisierten sich die Orientierungsmöglichkeiten für Klienten als Schwerpunktthema heraus. Denn auch wenn es ein umfangreiches Hilfsangebot für wohnungslose Menschen gibt: "Für Betroffene ist es oft nicht einfach, die richtige Anlaufstelle zu finden", erklärt Straßensozialarbeiter Marius Kümmel. Dies könnte sich mit den individuellen Wegweisern von Anna-Christina Dritsos ändern. Nach drei Monaten intensiver Arbeit hat die Studentin ein modernes, übersichtliches und ansprechendes Wegeleitsystem mit eigens gestalteten Logo und farblichen Design präsentiert. "Gestaltung kann mehr sein, als reine Formgebung", erklärt die Produktgestalterin. "Sie kann gesellschaftliche Verantwortung tragen und konkrete Teilhabe ermöglichen." So stellt auch das entwickelte Wegeleitsystem nicht nur eine funktionale Orientierungshilfe dar, sondern setzt bewusst die Perspektiven wohnungs- und obdachloser Menschen in den Mittelpunkt. "Die gesamte Konzeption basiert auf realen Bedürfnissen und Erfahrungen von Betroffenen", stellt sie fest und hofft, dass Hanau als zukünftige kreisfreie Stadt dieses Projekt auch als Chance versteht, ein sichtbares Zeichen für soziale Stadtgestaltung zu setzten, dem andere Kommunen folgen werden.
"Der individuelle Wegweiser, der obdachlosen Menschen eine Orientierung in fremder Umgebung ermöglicht, ist eine erhebliche Erleichterung für die Menschen auf der Straße", betont Kümmel. Mit ihm werden Hilfsangebote und Anlaufstellen in der Brüder-Grimm-Stadt sichtbar. "Das ist eine praktische Hilfe, die nah an den Bedürfnissen der Betroffenen ist", fasst der Sozialarbeiter zusammen.
Vom gelungenen Ergebnis dieser besonderen Kooperation sind alle Beteiligten dabei gleichermaßen begeistert. "Diese Kooperation zwischen Franziskus-Haus und Brüder-Grimm-Berufsakademie kann gerne in Zukunft eine Neuauflage erfahren", stellt Akademieleiter Professor Martin Krämer fest. Die Themen der Stadt lägen der Hanauer Akademie sehr am Herzen. "Neben der sehr gelungenen Arbeit von Anna-Christina Dritsos gab es noch weitere Arbeiten auch in Kooperation mit der Stadt Hanau", verrät er. Dies werde auch zukünftig weiter der Fall sein. Ein herzlicher Dank aller Beteiligten geht deshalb auch im Fall dieses Projektes an die unterschiedlichen Abteilungen der Stadt Hanau, die ebenfalls einen großen Anteil an dem guten Ergebnis haben. Auch erste Gespräche über eine praktische Umsetzung des Projektes haben bereits stattgefunden und sollen fortgesetzt werden.