Im Laufe seiner Geschichte hat sich der Verband von einem Zusammenschluss katholischer Einrichtungen, die hauptsächlich von Ordensschwestern, Geistlichen und Ehrenamtlichen betrieben wurden, zu einem starken und professionellen Dienstleister und einem der größten sozialen Arbeitgeber in der Region entwickelt.
Nothilfe nach den beiden Weltkriegen
Hilfsaktion nach dem Zweiten Weltkrieg: Der Caritasverband verteilt 1949 Orangen an Kinder und Jugendliche, eine Spende aus Spanien.
Im April 1905 gründete sich das Mannheimer Caritas-Comité - eine Vereinigung verschiedener katholischer Gruppen, die ihre Kräfte bündeln wollten. Dazu gehörten die Bahnhofsmission, das Theresienkrankenhaus, die Waisenhäuser St. Josef und St. Anton, das Bürgerhospital und die Vorgänger der ehrenamtlichen Caritas-Konferenzen. 1912 folgte die Umwandlung in den Caritasverband Mannheim. Ein Schwerpunkt der Caritas-Arbeit war zunächst die Nothilfe, insbesondere nach den beiden Weltkriegen und in der Weltwirtschaftskrise. Essen, Kleidung und Heizmaterial wurden an die Mannheimer Bevölkerung verteilt, ein neu gegründetes Caritas-Büro bot soziale Beratung an.
Ausbau der Beratungsdienste
In den 1950er Jahren verlagerte sich dies hin zu Beratungsdiensten: 1951 wurde als eine der ersten Anlaufstellen die Erziehungsberatung gegründet. Eine große Rolle spielte auch die - teilweise muttersprachliche - Beratung für Geflüchtete, Aussiedler und ausländische Arbeitskräfte. In den folgenden Jahrzehnten entstanden neue Bedarfe, auf die der Verband reagierte: Es kamen Einrichtungen für psychisch Erkrankte, große Altenpflegeheime und Beschäftigungsprojekte für Arbeitslose und Menschen mit Behinderungen hinzu. Schließlich folgte um die Jahrtausendwende der Einstieg in die Hospizarbeit.
Altenhilfe als neuer Schwerpunkt
In den vergangenen Jahren wurden weitere Pflegeheime und Häuser für seniorengerechtes Wohnen gebaut (Spatenstich für das Caritas-Zentrum Guter Hirte im Jahr 2017).
Als der Caritasverband 2005 sein 100-jähriges Bestehen feierte, arbeiteten 728 Hauptamtliche in den verschiedenen Bereichen. In den folgenden 20 Jahren wuchs er kontinuierlich weiter. Inzwischen lag der Schwerpunkt auf der Altenhilfe, weitere Pflegeheime und Häuser für betreutes Wohnen wurden gebaut. Heute, 20 Jahre später, hat sich die Zahl der Mitarbeitenden mehr als verdoppelt: Rund 1600 Menschen sind mittlerweile für den Caritasverband Mannheim tätig, hinzu kommen 266 Mitarbeitende in den Tochtergesellschaften und etwa 1000 Ehrenamtliche. Der Umsatz hat sich seit 2005 verdreifacht.
Neue gesellschaftliche Entwicklungen haben zu neuen Angeboten geführt: Dazu gehören ein Tageshospiz - das erste in Baden-Württemberg -, ein ambulanter Dienst für Demenzerkrankte und ein Projekt zur kritischen Social Media Nutzung, um Essstörungen bei Jugendlichen vorzubeugen.
Würdigung des Ehrenamts
youngcaritas-Ehrenamtliche bei einem Spielenachmittag im Pflegeheim.
Das ehrenamtliche Engagement ist weiterhin eine wichtige Säule der karitativen Arbeit: Ehrenamtliche unterstützen Migranten und Geflüchtete bei der Integration, sie betreuen Kinder im Krankenhaus, begleiten Schwerstkranke in ihrer letzten Lebensphase, besuchen alte Menschen, organisieren Essen für Wohnungslose und Bedürftige, greifen Familien mit kleinen Kindern unter die Arme, betreiben Kleiderkammern und vieles mehr. Seit zehn Jahren gibt es außerdem youngcaritas Mannheim, das Ehrenamt für Jugendliche und junge Erwachsene.
Um sich für dieses kontinuierliche Engagement zu bedanken, lädt der Caritasverband seine Ehrenamtlichen am 4. Juni in eine Sondervorstellung des Musicals "Dracula - das Grusical" der Freilichtbühne ein. Das 120-jährige Bestehen wird außerdem am 28. September mit einem Gottesdienst in der Kirche St. Franziskus und einem anschließenden Festakt im Franziskussaal gefeiert.
Herausforderungen der Zukunft
Für die Zukunft sieht Vorstandsvorsitzende Regina Hertlein eine Herausforderung in der Zunahme von psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft. Die Hilfsangebote für Betroffene reichen bei weitem nicht aus. Sorge bereitet ihr auch, dass die Kosten eines Pflegeheimplatzes stark gestiegen sind - der Eigenanteil ist inzwischen so hoch, dass immer mehr Pflegebedürftige auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Auch der Verband selbst steht immer wieder vor Herausforderungen: Dazu gehören der Arbeits- und Fachkräftemangel, insbesondere in der Pflege und in den Kitas, aber auch die Finanzierung von Caritas-Diensten. Die Personalkosten steigen tarifbedingt kontinuierlich, die öffentlichen Zuschüsse bleiben gleich oder sinken. Auch die Kirchensteuermittel gehen zurück. "Es wurden viele Gesetze verabschiedet, die finanziell zu Lasten der Kommunen gehen, zum Beispiel das Recht auf einen Kita-Platz - dafür müsste es mehr Unterstützung für die Stadt geben, denn hier tauchen die sozialen Probleme auf", so Regina Hertlein. Ein weiteres Thema ist die kritische Haltung vieler Menschen gegenüber der katholischen Kirche. "Die Kritik ist berechtigt - aber ich wünsche mir, dass die Werteorientierung der Kirche, ihre Hoffnung und ihr Engagement für die Menschen als Bereicherung für die Gesellschaft gesehen werden."