Die Jugendgruppen treffen sich regelmäßig für einen Austausch über ihre Rechte und Möglichkeiten der Teilhabe.Cáritas Regional Ceará
Im nordöstlich gelegenen Bundesstaat Ceará überleben viele Familien durch das Sammeln von Müll. Gemeinsam mit den Kindern suchen die Eltern auf den Abfallhalden der Städte nach verwertbaren Dingen. Was sie selbst nicht verwenden können, versuchen sie zu verkaufen. Neben gesundheitlichen Gefahren, denen die Familien ausgesetzt sind, werden sie von der Gesellschaft stigmatisiert. Besonders die Kinder leiden darunter, sie werden ausgeschlossen und haben kaum eine Chance, diesen Armutskreis jemals zu verlassen.
Caritas Ceará engagiert sich seit 2003 in der Kinder- und Jugendarbeit. Seit 2007 wird sie dabei von Caritas international, dem Hilfswerk des Deutsches Caritasverbandes, unterstützt. Vordergründig soll der Stigmatisierung der Kinder ein Ende gesetzt und damit ihre Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden. Und das geschieht auf verschiedenen Ebenen:
Gemeinsam sind wir stark
In den letzten Jahren lag der Fokus auf der Gründung und Stärkung von Jugendnetzwerken. Denn durch die Vernetzung können sich die jungen Leute austauschen, finden Gleichgesinnte und gewinnen Selbstvertrauen. Gemeinsam haben sie eine starke Stimme, setzen sich für ihre Rechte ein, beispielsweise auf Demonstrationen, und machen die Öffentlichkeit auf ihre Situation aufmerksam.
Gemeinsam sind wir stärker: Jugendliche machen auf Missstände aufmerksam.Cáritas Regional Ceará
Dabei werden sie von Fachleuten betreut und erhalten fundierte Anleitungen, zum Beispiel in Form politischer Basisschulungen. Durch Jugendtreffen und regionale Veranstaltungen kann das Wissen in 21 Gemeinden weitergetragen werden.
Der Ansatz zeigt große Erfolge bei jedem Einzelnen: Die Jugendlichen sind nachweislich kritischer und selbstbewusster geworden und nehmen viel mehr an öffentlichen Veranstaltungen teil.
Entwicklung von Zukunftsperspektiven
Damit die Jungen und Mädchen den Kreis der Armut durchbrechen können, muss Alternativen zum Müllsammeln her. Darum werden Kurse zur Herstellung von Schmuck, Kerzen und Puppen, in Gemüseanbau, Siebdruck und Recycling angeboten. Mit der Einrichtung von Fonds können auf Gemeindeebene Mikroprojekte gefördert werden. Die Chance, dass das Gelernte dann auch in der Praxis Anwendung findet, ist also groß.
Qualifizierte Betreuung
Um die Kinder und Jugendlichen fachgerecht anzuleiten und zu begleiten wird qualifiziertes Personal benötigt. Deshalb wurden Sozialarbeitende und Gemeinde-Therapeutinnen/Therapeuten entsprechend ausgebildet, die nun zum Einsatz kommen.
Zur Situation
Brasilien ist die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt. Gleichzeitig ist es aber auch eines der Länder mit der größten Ungleichverteilung: Rund 20 Prozent der reichsten Bevölkerung beanspruchen 64 Prozent des Volkseinkommens, während 20 Prozent der ärmsten Schichten gerade mal 2,5 Prozent erhalten. Diese gravierende Ungleichheit ist vielerorts sichtbar, vor allem im Norden und Nordosten, dem Armenhaus Brasiliens. Rund um die Zentren der Städte liegen die Slums, die Arbeitslosigkeit ist hoch, das Bildungs- und Gesundheitssystem ist marode. Zu den ärmsten der Armen in den Slums zählen die Müllsammler. Sie sammeln und sortieren Müll und verkaufen ihn für wenige Centavo. Unter ihnen sind viele Bauern, die ihre Familien nicht mehr ernähren konnten und darum in die Städte flüchteten. Die Kinder arbeiten mit, anstatt in die Schule zu gehen.
Seit der Führung des Landes unter dem ultrarechten Jair Bolsonaro hat sich die Situation massiv verschärft. Die Kürzungen im Bildungsbereich und Umweltschutz, eine einschneidende Rentenreform und die Benachteiligungen von Indigenen und Frauen treffen vor allem die ärmsten Bevölkerungsschichten.
August 2019