Herne / Castrop-Rauxel. Wie wichtig ein offener Umgang mit Tod und Trauer für Familien mit kleinen Kindern ist, zeigte Ende September das Theaterstück "Was ist nur mit Herrn Lehmann los?" im Wichernhaus Castrop-Rauxel. Die Veranstaltung der AG "Junge Familien" des Palliativ-Netzwerkes Herne, Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel zog Eltern mit Kindergarten- und Grundschulkindern an, die persönliche Verluste zu verarbeiten hatten oder Gesprächsimpulse suchten.
Die Besucherinnen und Besucher brachten unterschiedliche Erfahrungen mit. Eine Vierjährige trauerte um ihre geliebte Uroma, die mit 94 Jahren gestorben war. Eine Fünfjährige hatte bereits drei Verluste erlebt: den Tod des Familienhundes, die tödliche Krankheit eines nahen Freundes und vor wenigen Tagen erst den Abschied von der Uroma, die die Familie noch im Krankenhaus besucht hatte.
Die Eltern des Mädchens hatten anfänglich gehofft, ein Verschweigen des Verlusts würde die traurigen Gefühle verschwinden lassen. "Dafür haben wir die Quittung bekommen", sagte die Mutter über die belastende Erfahrung. Die kleine Tochter, gerade erfolgreich trocken, nässte wieder ein und litt unter Albträumen. Heute spricht die Familie offener über den Tod. Das Theaterstück gab ihr zusätzliche Impulse. Und so konnte die kleine Tochter ihre Gefühle nach dem Tod der Uroma formulieren: "Jetzt habe ich drei Engel im Himmel, die auf mich aufpassen."
Die Clowninnen Totte und Trulla, gespielt von Sylvie Blätgen und Ulli Sonderhüsken, begleitet von Bühnenhund Motte, holten die Kinder dort ab, wo sie standen. Sie räumten die Kulisse von der Bühne auf den Boden des Zuschauerraums, um auf Augenhöhe mit den Kleinen zu sein. Ein Geburtstag sollte gefeiert werden. Die Kinder halfen begeistert mit, den Tisch zu decken.
Alles war für die Feier bereitet, nur Herr Lehmann fehlte, ein kleiner bunter Vogel und der beste Freund von Motte, Totte und Trulla. Die drei fanden ihn tot vor dem Haus: "Er liegt auf dem Rücken, Beine in die Luft. Das Herz schlägt nicht mehr." Totte und Trulla versuchten vergebens, den Freund wiederzubeleben. Sie weinten über den Verlust, erinnerten sich an schöne gemeinsame Zeiten und machten sich Gedanken über den Verbleib des Verstorbenen.
Dabei stellte Trulla Fragen, die alle Kinder beschäftigen: Was passiert mit einem Sarg in der Erde? Warum passt ein großer Körper in eine kleine Urne? Totte gab Antworten, die gut zu verstehen waren und keine Angst machten. Herr Lehmann fand seine letzte Ruhe in einer schönen Schachtel. Gemeinsam mit den Kindern wurde der Sarg mit Glitzer beklebt. Zum Schluss pusteten alle Seifenblasen in den Himmel - verbunden mit guten Wünschen für Herrn Lehmann.
"Mit Hilfe des Theaterstücks erfahren Eltern, wie kindgerechte Gespräche über Tod und Trauer gelingen können und wie gut sie den Kindern tun", betont Karola Rehrmann, Mit-Organisatorin, Trauerbegleiterin und Koordinatorin beim Ambulanten Hospizdienst in Herne. "Die Erfahrungen der Familien bestätigen, dass Kinder einen Raum brauchen, in dem sie ihre Gefühle ausdrücken und Fragen stellen können." Nina Vogel, Koordinatorin und Trauerbegleiterin beim Ambulanten Hospizdienst Castrop-Rauxel und Mitorganisatorin, ergänzt: "Das Theaterstück hat einen wunderbaren Einstieg geboten. Die Resonanz zeigt, wie groß der Bedarf an solchen Angeboten ist."
Nach dem Theaterstück konnten die Eltern an einem Büchertisch stöbern, auf dem die Familientrauerbegleiterin Martina Hosse-Dolega aus Castrop-Rauxel thematisch passende Kinder- und Jugendbücher ausgelegt hatte. Für Gespräche und Fragen standen ebenso Birgit Aulich und Gerhild Uhling vom Institut für Familientrauerbegleitung Gelsenkirchen zur Verfügung.