Caritas-Referentin Lisa Schubert (33) berät im Rahmen des Projekts „Wissen was wirkt – Gemeinsam für Inklusion in Kitas“ die rund 300 katholischen Kitas im Bistum Essen. Laura Jungblut
Kinder mit Beeinträchtigungen brauchen oft besondere Unterstützung, ebenso wie die pädagogischen Fachkräfte, die sie betreuen. Für letztere ist Lisa Schubert (33), Referentin beim Caritasverband für das Bistum Essen, zuständig. Sie berät im Rahmen des Projekts "Wissen was wirkt - Gemeinsam für Inklusion in Kitas" die rund 300 katholischen Kitas im Bistum Essen, damit Inklusion schon von Kindesbeinen an gelingen kann. Von der Politik wünscht sie sich bessere Rahmenbedingungen für Inklusion und in der Gesellschaft mehr Offenheit für das Thema. Zum Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember ein Interview mit Lisa Schubert.
Frage: Frau Schubert, was genau umfasst Ihre Aufgabe?
Lisa Schubert: Ich unterstütze Kita-Leitungen und Träger, wenn es um die Betreuung von Kindern mit einem besonderen Förderbedarf geht. Das kann zum Beispiel eine Fragestellung zur Verhaltensentwicklung sein, die Einschätzung, ob zusätzliche Unterstützung notwendig ist, aber auch Finanzierungsfragen, Raumgestaltung und Konzepte in Zusammenarbeit mit den Träger-eigenen Fachberatungen. Ich fungiere dabei als Schnittstelle zwischen Kita, Träger und den Kostenträgern und helfe auch bei Anträgen oder bei der Einordnung gesetzlicher Rahmenbedingungen.
Frage: Was bedeutet es für die pädagogischen Fachkräfte, Kinder mit Unterstützungsbedarf zu betreuen?
Schubert: Viele Teams stoßen an Grenzen, wenn sie mit Verhaltensauffälligkeiten oder Kindern mit Beeinträchtigungen konfrontiert werden, weil es an fachlicher Fortbildung und Begleitung fehlt. Die Voraussetzung für zusätzliche Hilfen ist zudem eine anerkannte Diagnose, die aber oft zu lange dauert. So lange bleiben die Kinder ohne spezifische Förderung, obwohl sie diese dringend bräuchten.
Frage: Um welche Arten von Beeinträchtigungen handelt es sich?
Schubert: Das Spektrum ist sehr breit. Es geht nicht nur um körperliche Beeinträchtigungen, sondern auch um seelische, geistige oder psychische. Wenn ein Kind Schwierigkeiten hat, auf andere Kinder zuzugehen und mit ihnen zu spielen und stattdessen für sich bleibt, kann das körperliche oder psychische Ursachen haben, beispielsweise dass es schlecht hört oder dass es noch keine Fähigkeiten im Umgang mit anderen Kindern entwickelt hat. In solchen Fällen ist eine ärztliche Diagnose die Grundlage für eine gezielte Förderung.
Frage: Können Sie angeben, wie viele Kinder im Bistum Essen betroffen sind?
Schubert: Genaue Zahlen liegen noch nicht vor, aber ich schätze, dass in jeder Kita zwischen drei und acht Kinder mit Beeinträchtigungen betreut werden. Ein Teil der Aufbauarbeit besteht darin, hier mehr Transparenz zu schaffen und die Bedarfe zu erfassen.
Frage: Was würden Sie sich von der Politik für diesen Bereich wünschen?
Schubert: Ich wünsche mir ein vereinfachtes System mit weniger Hürden für Kitas und Familien. Inklusion gelingt nur, wenn wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen - personell, strukturell und finanziell. Ganz zentral ist auch die Haltung: Wie begegnen wir Kindern mit Behinderung? Hier braucht es gesellschaftliche Offenheit und ein Umdenken auf vielen Ebenen. Inklusion darf keine Glückssache sein.
Zur Person Lisa Schubert
Die ausgebildete Sozialpädagogin hat Management von Sozial- und Gesundheitsbetrieben studiert und Erfahrung in den Bereichen Jugendhilfe und Eingliederungshilfe. Beim Caritasverband für das Bistum Essen verantwortet sie neben der Fachberatung noch die Bereiche ambulante und stationäre Jugendhilfe sowie Adoption und Pflegekinder. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, Träger zu beraten und Veränderungsprozesse zu initiieren und zu begleiten.
Das Projekt "Wissen was wirkt - Gemeinsam für Inklusion in Kitas" zum Aufbau einer tragfähigen Netzwerk- und Wissensstruktur wird aus Mitteln der Glücksspirale finanziert.