Es ist ziemlich genau zehn Jahre her, dass am 8. Dezember 2015 das sogenannte "Hospiz- und Palliativgesetz" in Kraft getreten ist. Der damalige Bundestag hatte zuvor lange intensiv um dieses Gesetz gerungen. Hauptstreitpunkt war die Frage nach dem Umgang mit Menschen, die freiwillig aus dem Leben scheiden wollen, weil sie die Belastungen ihrer zumeist unheilbaren Krankheiten nicht länger (er-)tragen können und wollen. Die Frage war: Soll der Staat ihnen helfen (Stichwort: Assistierter Suizid) oder sollte er nicht besser andere Hilfsangebote machen, durch die Sterbenskranke so gut versorgt und geschützt werden, dass sie gar nicht erst auf den Gedanken kommen, ihr Leben beenden zu wollen? Die Volksvertreter/innen haben sich damals für Letzteres entschieden. Auch angesichts des immer offensiveren Auftretens von zweifelhaften Sterbehelfern verschärften sie die Regeln für den Assistierten Suizid, indem sie das "geschäftsmäßige" Angebot solcher Dienstleistungen verboten (§ 217 StGB). Gleichzeitig beschlossen sie aber auch eine ganze Reihe von palliativen und hospizlichen Hilfen, die die Lage der Betroffenen verbessern sollten.
Eine dieser Hilfen ist die Gesundheitliche Versorgungsplanung am Lebensende nach § 132 g SGB V - ein völlig neues Beratungsangebot für Bewohner/innen von stationären Alten- und Behinderteneinrichtungen. Die Idee hinter der "Versorgungsplanung" ist der autonome Patient, der möglichst selbst darüber bestimmt, welche Art von medizinischer Behandlung und Pflege er oder sie bei schwerer Krankheit in Anspruch nehmen möchte - oder eben nicht! Viele Menschen haben heute Angst vor einer Hochleistungsmedizin, die den Menschen aus dem Blick verloren haben könnte und ihn schlussendlich nicht sterben lassen mag, obwohl er offenkundig am (natürlichen) Ende seines Lebens angekommen ist. Wer unter bestimmten Bedingungen nicht um jeden Preis weiterleben will, steht vor manchen Herausforderungen und Fragen: Brauche ich eine Patientenverfügung? Kann ich medizinische Maßnahmen ablehnen? Muss ich Schmerzen oder Luftnot aushalten? Werde ich künstlich ernährt? Wer entscheidet über mich, wenn ich es selbst nicht mehr kann? Und auch Angehörige, Bevollmächtigte und Betreuer fragen sich: Muss ich im Zweifel über Leben und Tod entscheiden? Was mache ich, wenn es keine Patientenverfügung gibt? Wer hilft mir bei schwierigen Entscheidungen? Was ist rechtlich erlaubt, was ist verboten?
Die Mitglieder der GVP-AG Kreis Steinfurt trafen sich am 23.09.2025 im St. Augustinus Altenzentrum in Nordwalde, und tauschten sich über aktuelle und praktische Fragen zur Gesundheitlichen Versorgungsplanung am Lebensende aus.
Arbeitsgruppe Gesundheitliche Versorgungsplanung Kreis Steinfurt
Clemens Schulze Beiering ist der Leiter des Seniorenzentrums Heinrich-Roleff-Haus in Steinfurt-Borghorst und kennt diese Fragen aus langjähriger Praxis. Er beschäftigt sich von Beginn an mit der Gesundheitlichen Versorgungsplanung (GVP) und bildet seit Jahren GVP-Berater/innen aus. "Anfangs verlief die Einführung in den Einrichtungen schleppend, zudem hat uns Corona ausgebremst", berichtet er rückblickend. Seither hat sich aber viel getan. Im Kreis Steinfurt bieten mehr und mehr Pflege- und Behinderteneinrichtungen eine GVP-Beratung an und lassen Mitarbeiter/innen als Berater qualifizieren. Schnell wurde jedoch klar, dass diese in ihren Einrichtungen meist Einzelkämpfer sind und einen regelmäßigen fachlichen Austausch brauchen. Die medizinischen, ethischen und rechtlichen Problemlagen, die sich in der Beratungspraxis stellen, sind nicht immer einfach zu lösen. Manchmal gibt es menschliche Dilemmata, unter denen alle Beteiligten leiden. Da hilft es, sich mit Kolleg/innen auszutauschen und fachlichen wie menschlichen Rat einzuholen. Deshalb treffen sich die "GVPler" im Kreis Steinfurt regelmäßig reihum in ihren Einrichtungen und besprechen aktuelle Praxisfälle, aber auch Grundsatzfragen. Gelegentlich laden sie Experten in ihren Kreis ein, um sich selbst fachlich auf dem Laufenden zu halten und sich fortzubilden.
Die "GVP-AG Kreis Steinfurt" ist mittlerweile auf 15 Mitglieder aus neun verschiedenen Städten und Gemeinden im ganzen Kreisgebiet angewachsen. Beim letzten Treffen am 23.09.2025 im St. Augustinus Altenzentrum in Nordwalde war mit Dr. Kathrin Isfort aus Borghorst erstmalig auch eine Ärztin dabei. "Das erweitert unsere medizinische Kompetenz deutlich", freut sich Initiator Schulze Beiering. Er betont, dass die Gruppe offen ist für weitere GVP-Berater/innen, die fachlichen Austausch und kollegiale Beratung suchen und schätzen.
Die Teilnahme ist kostenlos; wer Interesse an der Gruppe hat, kann sich unter 02552-9369-200 melden.