Diskutierten die Herausforderungen der Erziehungshilfe (von links): Elmar Schäfer (Jugendhilfe im Erzbistum Paderborn), Paul Krane-Naumann (Landesjugendamt), Landrat Christoph Rüther, Sandra Jürgenhake (Beigeordnete Stadt Paderborn), Stefan Wittrahm und Dr. Eva Brockmann.(Foto: cpd/Markus Jonas)
Die Erziehungshilfe ist als Investition in die Zukunft der Gesellschaft unverzichtbar - ist jedoch ohne klare politische Entscheidungen gefährdet. Das war der Tenor der "Woche der Erziehungshilfe", die in der vergangenen Woche erstmals NRW-weit stattfand. Einrichtungen und Dienste der Caritas im Erzbistum Paderborn beteiligten sich mit Aktionen, Filmvorführungen und Podiumsdiskussionen an der Aktionswoche.
Ein Höhepunkt im Erzbistum Paderborn war die Vorführung des vielfach ausgezeichneten Dokumentarfilms "Im Prinzip Familie" von Regisseur Daniel Abma, die den Auftakt zu einer hochkarätigen Diskussionsveranstaltung bildete. Rund 300 Gäste aus Politik, Fachwelt und Zivilgesellschaft nutzten die Gelegenheit, im Kino Pollux in Paderborn über die Zukunft der Erziehungshilfe zu diskutieren.
Der Dokumentarfilm, dessen Erstellung eine fünfjährige Recherche vorausging, zeigt eindrücklich den Alltag einer Wohngruppe und macht sichtbar, wie Erzieherinnen und Erzieher mit großem Einsatz jungen Menschen Geborgenheit schenken - und dabei zugleich an die Grenzen eines überlasteten Systems stoßen. Für den Caritasverband für das Erzbistum Paderborn ist klar: Diese Eindrücke müssen politische Konsequenzen haben.
Über die politischen Implikationen der Doku „Im Prinzip Familie“ sprachen (v. l.) Elmar Schäfer. Landrat Christoph Rüther, Sandra Jürgenhake und Stefan Wittrahm. (Foto: Jugendhilfe/Lilia Seifert)
Christoph Rüther, Landrat des Kreises Paderborn, erinnerte daran, dass die Ausgaben für die Erziehungshilfe in Kreis und Stadt Paderborn mittlerweile fast 90 Millionen Euro jährlich betragen. "Das sind keine bloßen Kosten, sondern Investitionen in die Zukunft von Kindern und Jugendlichen", so Rüther. Sparmaßnahmen in diesem Bereich bezeichnete er als "brandgefährlich" und forderte regionale runde Tische, die jenseits von parteipolitischen Vorgaben Verbesserungen erarbeiten sollen.
Sandra Jürgenhake, Beigeordnete der Stadt Paderborn, betonte die Bedeutung guter Rahmenbedingungen für Fachkräfte: "Fortbildungen, Einarbeitung, moderne Technik und stabile Teams sind entscheidend, um Menschen für diese Arbeit zu gewinnen und dauerhaft zu halten."
Auch Paul Krane-Naumann vom LWL-Landesjugendamt Westfalen (Münster) machte deutlich, dass die Qualität der Hilfen maßgeblich von funktionierender Kooperation abhängt: "Wenn Jugendämter und freie Träger gut zusammenarbeiten, ist das eine Erfolgsgeschichte. Bürokratieabbau und schnelle Beratung sind dabei unverzichtbar."
Mit Nachdruck warnte Dr. Eva Brockmann, Vorsitzende der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft Erziehungs- und Familienhilfen im Erzbistum Paderborn, vor dem Abbau präventiver Angebote: "Ein Jahr Wartezeit kann für ein Kind mit Behinderung dramatische Folgen haben. Jeder Euro, der früh investiert wird, zahlt sich mehrfach aus." In der Arbeitsgemeinschaft sind 91 Einrichtungen und Dienste mit knapp 2100 Mitarbeitenden vertreten, die mehr als 23.000 Kinder und Jugendliche betreuen.
"Der Film Im Prinzip Familie führt uns vor Augen, wie sehr die Erziehungshilfe für die Zukunft unserer Gesellschaft unverzichtbar ist", erklärt Stefan Wittrahm, Referatsleiter Erziehungs- und Familienhilfen beim Caritasverband für das Erzbistum Paderborn. "Doch ohne klare politische Entscheidungen für ausreichende Mittel, für präventive Strukturen und für attraktive Arbeitsbedingungen bleibt das System dauerhaft gefährdet."
Regisseur Daniel Abma hat ein Jahr lang in einer intensivpädagogischen Wohngemeinschaft der Jugendhilfe gedreht. (Foto: cpd/Markus Jonas)
Regisseur Daniel Abma zeigte sich durch die Diskussion in seinem Engagement für die Erziehungshilfe jedenfalls bestärkt: "Mein Traum wäre, den Film auch im Landtag oder gar im Bundestag zu zeigen - vielleicht sogar mit Popcorn." Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn unterstütze diese Idee, sagte Stefan Wittrahm: "Erziehungshilfe darf kein Randthema bleiben. Sie gehört in die Mitte der politischen Agenda."
Info
Die "Woche der Erziehungshilfe" fand 2025 zum ersten Mal statt. Sie wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW, zu der auch der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn gehört, und dem VPK - Landesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend-. und Sozialhilfe in Nordrhein-Westfalen organisiert. - Die Veranstaltung im Kino Pollux in Paderborn wurde von der Jugendhilfe im Erzbistum Paderborn gGmbH sowie vom Referat Erziehungs- und Familienhilfen beim Caritasverband für das Erzbistum Paderborn organisiert.
Das Referat übernimmt für die 91 Einrichtungen und Dienste der Erziehungs- und Familienhilfen und ihre Träger im Erzbistum Paderborn die politische Interessenvertretung. Rund 2100 Mitarbeitende betreuen in den Einrichtungen und Diensten mehr als 23.000 Kinder und Jugendliche. Die Erziehungs- und Familienhilfen umfassen die Bereiche der stationären und ambulanten Jugendhilfe, der Beratungsstellen für Eltern, Kinder und Jugendliche, das Adoptions- und Pflegekinderwesen, Vormundschaften, die Jugendhilfe in Schulen sowie die Schwangerschaftsberatung.