Emojipedia nennt sich das Online-Nachschlagewerk für Emojis. Fündig werden dort alle, die beim elektronischen Kommunizieren statt einer wortreichen Beschreibung ihres emotionalen Zustands einfach ein Symbolbildchen mitliefern möchten. Einen Smiley zum Beispiel (Freude). Funkelnde Sterne (Begeisterung). Oder - äußerst beliebt: ein Herz (rot für Liebe, andere Farben für Wertschätzung, freundschaftliche Verbundenheit, Zuneigung).
Menschen auf der ganzen Welt verschicken oder posten das Herz-Emoji tagtäglich, millionenfach. So gesehen, und in der Annahme, dass diese Menschen nicht nur den Anschein von Herzensgüte erwecken möchten, müsste unsere Welt voller Liebe sein. Voller Menschlichkeit, Wohlwollen, Verständnis, Verbundenheit und Sympathie.
Ein digitales Herz zu versenden, ist leicht. Das geht sogar, wenn man gestresst ist oder genervt oder schlechte Laune hat. Wohingegen es im echten Leben und in der echten Begegnung mit anderen Menschen Anstrengung und Überwindung kostet, liebevoll, wertschätzend und menschlich miteinander umzugehen.
Manchmal ist es anstrengend, eigene Befindlichkeiten und Egoismen hintenan zu stellen oder sein Verhalten, seine Impulse zu kontrollieren. Manchmal ist es anstrengend, nicht gleich loszupoltern oder sich am Riemen zu reißen. Manchmal kostet es Überwindung, dem Kontrahenten die Hand zu reichen. Manchmal kostet es Überwindung, freundlich zu bleiben, nicht gereizt zu reagieren oder einen bissigen Kommentar hinunterzuschlucken.
Doch diese Anstrengung gilt es unbedingt in Kauf zu nehmen, wenn wir ein menschliches und friedliches Zusammenleben haben möchten!
In der Tageslesung von diesem Sonntag hören wir: "Bemüh dich […] darum, das Richtige zu tun, Gott zu dienen, ihm zu vertrauen und deine Mitmenschen von ganzem Herzen zu lieben. Begegne ihnen mit Geduld und Freundlichkeit." (1 Tim 6,11)
Wir müssen uns bemühen und uns in der Nächstenliebe üben. Bis sie zur selbstverständlichen Gewohnheit wird. Mit der Übung kommt die Meisterschaft und schwindet die Mühe. Das motiviert und spornt an. Bis uns das gute Wort und die gute Tat so leicht von der Hand gehen wie das Versenden eines Herz-Emojis.
Susanne Stimmer, Gemeindecaritas im Landkreis Altötting