Noch Nachbesserung fällig
Am 26. April war es endlich so weit: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen Referentenentwurf zum Bundesteilhabegesetz in die Ressortabstimmung sowie zur Länder- und Verbändebeteiligung gegeben. Lediglich drei Wochen standen zur Verfügung, um die Folgen des Systemwechsels der Leistungen für Menschen mit Behinderung zu prüfen, zu bewerten und Alternativen vorzuschlagen. Dabei haben die auf knapp 400 Seiten formulierten Regelungen Auswirkungen auf nahezu alle zwölf Sozialgesetzbücher. Das Bundesteilhabegesetz ist dreigegliedert. Im ersten Teil werden die bisherigen Regelungen des SGB IX überarbeitet und erweitert. Im zweiten Teil wird die Eingliederungshilfe aus dem SGB XII als Sozialhilfe ins SGB IX als Leistungsrecht überführt. Im dritten Teil wird das Schwerbehindertenrecht mit wenigen Änderungen ins SGB IX eingegliedert.
Wünschen von Leistungsberechtigten soll künftig entsprochen werden, sofern sie angemessen sind. Hiervon kann nur abgewichen werden, wenn dies zumutbar ist. Dies stellt eine deutliche Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts dar. In Verbindung mit der verpflichtenden umfassenden Beratung kann dies zu einer Stärkung des Leistungsberechtigten im System der Leistungsgewährung insgesamt führen. Die Einführung einer unabhängigen ergänzenden Teilhabeberatung ist ebenfalls sehr positiv und kann dazu beitragen, die Stellung der Menschen mit Behinderung zu stärken. Der Deutsche Caritasverband wird sich hier für die Ausgestaltung eines Rechtsanspruchs einsetzen. Vertragsrechtlich positiv ist, dass das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis erhalten bleibt und Vergaberecht weiterhin keine Anwendung findet. Künftig soll neben der Vergütungs- auch die Leistungsvereinbarung schiedsstellenfähig sein. Dies ist eine langjährige Forderung der Caritas. Tarifliche Vergütungen sollen nie als unwirtschaftlich abgelehnt werden dürfen. Diese Bestimmung kollidiert jedoch mit der Bestimmung, dass bei Anwendung des externen Vergleichs grundsätzlich nur das untere Drittel der Vergütungen vergleichbarer Einrichtungen als wirtschaftlich angemessen zu bewerten ist.
Wesentlich nachbesserungsbedürftig sind die Regelungen zur Schnittstelle der Leistungen der Pflegeversicherung in Verbindung mit Leistungen der Eingliederungshilfe. Leistungen der Pflegeversicherung können nicht die Leistungen der Eingliederungshilfe ersetzen. Die aktuelle Regelung, wonach die Eingliederungshilfe nur zum Tragen kommt, wenn deren Aufgaben im Vordergrund stehen, ist nicht rechtssicher ausgestaltet und wird daher zu vielfältigen Klagen der Leistungsberechtigten führen.
Regelungen haben Auswirkungen auf fast alle Sozialgesetzbücher
Gänzlich entgegengesetzt ist die Regelung im außerhäuslichen Bereich. Hier werden die bisherigen Regelungen zur Kostenerstattung der Pflegeversicherung in der stationären Eingliederungshilfe übernommen, wenngleich die Unterscheidung ambulant und stationär nicht mehr getroffen wird. Der DCV wird sich an einigen Stellen für deutliche Nachbesserung einsetzen.