Demografie-Studie der Caritas
Wir werden älter, weniger und bunter. Mit dieser einfachen Formel rückt der demografische Wandel unserer Gesellschaft verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. Der demografische Wandel wirkt sich auf viele Lebensbereiche aus, auch auf die Handlungsräume der Caritas. Der Deutsche Caritasverband (DCV) hat sich deshalb im Rahmen seiner dreijährigen Demografie-Initiative (2015-2017) zum Ziel gesetzt, die Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten dieser Veränderungen in den Blick zu nehmen. Denn, stellt die Caritas sich rechtzeitig auf der Mitarbeitenden- wie der Klientenseite strategisch neu auf, kann sie gestärkt aus den demografischen Prozessen hervorgehen. Die Untersuchung ist dabei ein erster Schritt zur Überprüfung der Situation vor Ort.
Regionale Auswirkungen des demografischen Wandels auf einzelne Fachbereiche
Als Grundlage aller Überlegungen zur Neuausrichtung braucht es Zahlen und Fakten zu den Trends und Herausforderungen des Wandels, jetzt und in der absehbaren Zukunft. Daher gab der DCV beim Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung eine Analyse in Auftrag, die die regionalen Auswirkungen für die besonders vom demografischen Wandel betroffenen Fachbereiche Kinder- und Jugendhilfe, Altenhilfe sowie Migration/Integration aufzeigt. (Zur Vorgehensweise der Untersuchung siehe den Infotext "Methodisches Vorgehen" unten auf dieser Seite.)
Unter Mitwirkung von Caritas-Expert(inn)en aus der praktischen Arbeit wurden aus den ermittelten Trends und Herausforderungen Handlungsempfehlungen abgeleitet. Gute Beispiele aus der Praxis zeigen, welche Wege in einzelnen Regionen schon beschritten werden und dienen als Anregungen für strategische Überlegungen vor Ort. Die regionenspezifisch aufbereiteten Erkenntnisse bieten nicht zuletzt auch die Möglichkeit, Kreise und Kommunen in ähnlicher demografischer Situation zu finden und gegebenenfalls mit dortigen Akteuren in Austausch zu treten.
Interessant und hilfreich für eigene, ortsbezogene Analysen ist die Verknüpfung mit der Prüfung der sozio-ökonomischen Situation der Kommune beziehungsweise des Landkreises. Dadurch sollte sich insgesamt ein konkretes Bild über die Herausforderungen und die Spielräume ergeben. Auf dieser Basis können weitere Überlegungen fortgeführt werden, sowohl innerhalb der Caritas als auch mit der Kommune und den sozialen Akteuren vor Ort.
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- Zusammenstellung von relevanten demografischen und sozio-ökonomischen Indikatoren auf Kreisebene
- Reduzierung der Indikatorenzahl mit Hilfe einer Hauptkomponentenanalyse (Übersicht der Hauptkomponenten herunterladen)
- Gruppierung der Kreise nach typischen Merkmalen (Clusteranalyse)
- Interpretation der Ergebnisse und Formulierung allgemeiner Herausforderungen je Cluster
Ausführliche Beschreibung
Für jeden der drei Fachbereiche wurde in einem ersten Schritt eine Auswahl relevanter Indikatoren zusammengestellt. Darauf folgte für jedes der drei Indikatorensets eine Hauptkomponentenanalyse. Dieses statistische Verfahren reduziert eine Vielzahl an Indikatoren, also Einflussgrößen, auf wenige, statistisch voneinander unabhängige Komponenten. Jede dieser Hauptkomponenten vereint die Aussagekraft verschiedener Indikatoren, die sich statistisch ähnlich verhalten. Abhängig von den gewählten Indikatoren und der Varianz im Datensatz ergibt sich aus der Hauptkomponentenanalyse eine unterschiedliche Anzahl an Komponenten, die in die weitere Analyse einfließen. (Als statistisches Verfahren zur Überprüfung der Aussagekraft der gewählten Komponenten wurde der Kaiser-Meyer-Olkin-Test verwendet. Dieser gibt an, wie viel Prozent der Varianz der Einzelindikatoren durch die ausgewählten Komponenten erklärt werden. Die fehlenden Prozente entsprechen der Varianz im Datensatz, die am wenigsten die Struktur aller Beobachtungen widerspiegelt. Das kann durch statistische Ausreißer bedingt sein oder durch andere Merkmale, die für die Gesamtstruktur nicht so relevant sind.)
Im letzten Schritt wurden die Kreise mit Hilfe einer Clusteranalyse gruppiert. Dabei wurden je Fachbereich diejenigen Kreise zusammen in ein Cluster sortiert, die bezüglich der gebildeten Komponenten die größte Übereinstimmung aufweisen.
Die Anzahl der Cluster hängt wie jene der Hauptkomponenten mit der Varianz im Datenset zusammen. In den Fachbereichen Kinder- und Jugendhilfe sowie Altenhilfe haben sich je vier Komponenten und vier Cluster ergeben. Im Fachbereich Migration/Integration sind es drei Komponenten und fünf Cluster.
Die Clusterung beschreibt in erster Linie eine Ähnlichkeit von unterschiedlichen Kreisen in Bezug auf die ursprünglich ausgewählten Indikatoren, die in den Komponenten verdichtet wurden. Es bedarf jedoch weiterer Analysen, um zu erkennen, was hinter dieser Ähnlichkeit steht und für die Arbeit in den einzelnen Fachbereichen von Bedeutung ist. Dazu wurden einzelne Indikatoren aus der Hauptkomponentenanalyse sowie zusätzlich Indikatoren zum Beispiel zu den Bevölkerungsvorausberechnungen für die verschiedenen Cluster noch einmal gesondert ausgewertet und die Erkenntnisse daraus in den Gesamtkontext eingeordnet.
Autorin: Franziska Woellert, Berlin-Institut, Ko-Autorin der Untersuchung
Um die vielschichtigen und regional variierenden Problemlagen genauer analysieren zu können, wurde für jeden der drei Fachbereiche Kinder- und Jugendhilfe, Altenhilfe sowie Migration/Integration eine Clusteranalyse (siehe oben methodisches Vorgehen) auf der Ebene von Kreisdaten durchgeführt. Kreise mit vergleichbarer demografischer Situation wurden zu Clustern (englisch für Gruppe/Haufen/Klumpen) zusammengefasst. Auf dieser Grundlage ließen sich für die betrachteten Fachbereiche Kreise mit ähnlichen demografischen und soziostrukturellen Herausforderungen identifizieren.
Mehr als 25 Indikatoren sind für alle Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands in interaktiven Karten geografisch visualisiert worden. Dadurch sind auch Kreisvergleiche über die deutschlandweiten Kreisdaten möglich.
Um die Ergebnisse der Clusteranalyse auf die konkrete Situation vor Ort zu übertragen, lohnt zusätzlich ein Blick auf die Einzelindikatoren der Landkreise und kreisfreien Städte. Caritas-Einrichtungen können diese Einzel-, Trend- und Prognose-Indikatoren über das CariNet abrufen und zu prüfen:
- Wie sieht die sozio-demografische Entwicklung in unserem Landkreis/unserer Stadt aus?
- Und wie sind wir als Caritas und mit unseren Angeboten vor diesem Hintergrund nachhaltig aufgestellt?
Die empirischen Daten können so für die kreisbezogene Sozialplanung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels genutzt werden.
Die Publikation wurde mit GlücksSpirale-Mitteln gefördert.