Kaffee, Zwetschgenkuchen und liebe Menschen
"Im Angebot sind heute Mohnschnecken, Zitronenrolle und Zwetschgenkuchen. Was darf ich Ihnen bringen?" "Einen Zwetsch- genkuchen. Und einen Kaffee mit Milch bitte", antwortet die ältere Dame. Es ist ein regnerischer Sonntag, viertel nach drei. Agnes Schug-Speyerer hat bereits alle Hände voll zu tun. Die rüstige Seniorin begrüßt im Café Nächstenliebe die ersten Gäste, die an diesem Tag im Mehrgenera- tionencafé in der Lahnsteiner Innenstadt vorbeikommen. Das liebevoll eingerichtete Café im Caritas-Zentrum St. Martin ist bereits gut belegt. 25 Personen, darunter Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Seniorenheim, Familienangehörige, Lahnsteinerinnen und Lahnsteiner, die hier einfach nur in gemütlichem Ambiente eine Tasse Kaffee trinken wollen, haben sich schon ein Plätzchen gesucht. Agnes Schug-Speyerer geht von Tisch zu Tisch, heißt neu ankommende Gäste willkommen, bringt ihnen Kaffee und Kuchen, plaudert mit ihnen oder leiht ihnen ein offenes Ohr.
Originelle und humorvolle Gäste
"Das Bedienen ist hier eigentlich nebensächlich. Wer kann, bedient sich selbst. Wir wollen mit den Leuten ins Gespräch kommen. Das macht die ehrenamtliche Arbeit hier für uns aus", erzählt die 71-Jährige, die sich schon seit einigen Jahren ehrenamtlich in Lahnstein engagiert. Fünf bis sechs Mal war sie bereits für das Café Nächstenliebe im Einsatz. "Mittlerweile ergeben sich gute Gespräche. Ich finde die Gäste aus dem Seniorenheim sehr originell und zum Teil auch wirklich humorvoll."
Das sagt auch Lisa Marie Knopp. Die 17-jährige Gymnasiastin kam über die Firmvorbereitung zum Café Lahnstein. "Da gab es einen Baustein, in dem es um die Arbeit der Pfarrei im Sozialraum ging", erzählt die Schülerin. Seit etwa einem Jahr engagiert sie sich jetzt im Caritas-Zentrum. Bei der feierlichen Eröffnung des Cafés nach der Corona-Pandemie im April war sie bereits Teil des ehrenamtlichen Teams. "Die Gespräche mit den älteren Menschen machen mir Spaß. Sie haben viele gute Sachen zu erzählen", sagt Lisa Marie Knopp. "Ich finde, die älteren Menschen können uns jungen Leuten viel berichten und damit weiterhelfen."
Idee über viele Jahre gewachsen
"Die Idee vom Mehrgenerationencafé gibt es schon seit vielen Jahren", erklärt Sozialraummanager Heiko Hastrich. Doch wegen der Corona-Pandemie habe sich der Start immer wieder verzögert. Seit 2021 arbeitet Heiko Hastrich für den Sozialraum im Auftrag des Caritasverbandes Westerwald-Rhein-Lahn und der kath. Kirchengemeinde. Mit einer Kindertagesstätte, einem Seniorenzentrum und einem Café, das allen offensteht, solle das Caritas-Zentrum zu einem "Ort der Begegnung" werden. "Es gibt hier in Lahnstein kaum noch echte Cafés. Vielleicht noch am Rhein einen Biergarten", erklärt Hastrich. Das Caritas-Zentrum liege in der Stadt und sei gut zu erreichen. "Wir sind hier mittendrin und barrierefrei. Und für die Leute, die hier wohnen, ist es ein anderer Ort und eine Abwechslung."
Zugänglichkeit, Offenheit, Teilhabe. Für das Team des Café Nächstenliebe, das Sorge trägt, dass sich alle Besucherinnen und Besucher wohl fühlen, sind das nicht nur leere Worte. Es zeigt sich auch beim Bezahlen. "Eine Preisliste gibt es hier nicht. Wir tragen uns ausschließlich mit Spenden", sagt Hastrich. Das Miteinander fördern, Menschen zusammenbringen. Ohne das ehrenamtliche Engagement wäre das Café in dieser Form gar nicht möglich. Immer zwei Ehrenamtliche helfen mit. Und dank großzügiger Spenden aus Lahnstein und Fördermitteln von der Leifheit-Stiftung konnte das Café eingerichtet werden. Es kämen mehr als 40 Gäste an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat. Im Sommer würden viele Gäste auch auf der Terrasse sitzen.
Ein Ort, wo man sich verstanden fühlt
Mittlerweile hat sich das Café Nächstenliebe weiter gefüllt. Agnes Schug-Speyerer plaudert an einem runden Tisch mit einer größeren Besuchergruppe. In der Hand hat sie ein kleines Notizbuch gezückt und notiert sich so manchen Namen. "Beim nächsten Mal können Sie mich abfragen, und wenn ich es nicht mehr weiß, muss ich Ihnen etwas ausgeben", scherzt die Ehrenamtliche. Am Tisch erntet sie lächelnde Blicke. "Ich glaube, dass mir die Menschen etwas geben. Und dass ich ihnen etwas geben kann", sagt Agnes Schug-Speyerer auf die Frage, warum sie sich engagiert. "Du mit deiner sozialen Ader", würden ihre erwachsenen Kinder immer sagen, wenn sie von ihrer Arbeit im Café erzählt. Ihr ganzes Leben habe Sie im sozialen Bereich gearbeitet. Auch im Ruhestand wollen sie in Kontakt mit Menschen bleiben. "Im Caritas-Zentrum habe ich einen Ort gefunden, wo ich freundlich empfangen wurde und mich sicher und verstanden fühle." Auch die Gespräche empfinde sie als Bereicherung: "Es ist bewegend, wenn sich Menschen öffnen. Das gibt mir auch viele Impulse für mein Leben", erzählt sie.
Leckerer Kuchen und liebe Menschen
Am Nachbartisch sitzen zwei ältere Damen. Vor ihnen Tassen mit Kaffee und Teller mit Zwetschgenkuchen und Sahne. "Schmeckt es, Mäusle?", fragt die eine. "Der Kuchen ist wirklich super", schwärmt die andere. "Wir wohnen hier in Lahnstein und kommen gerne hierher. Wir können uns gut unterhalten und treffen hier immer bekannte Gesichter und liebe Menschen", erzählen sie. "Dann können wir immer ein schönes Schwätzchen halten. Ich hoffe, das Café bleibt noch lange so schön."
Text: Clemens Mann