Überfällige Entscheidungen
Die deutschen Bischöfe haben der Änderung der kirchlichen Grundordnung mit großer Mehrheit zugestimmt und einen mehrjährigen Diskussionsprozess vorläufig beendet. Mit Blick auf die Mitarbeitenden der Dienste und Einrichtungen der Caritas ist die Änderung zu begrüßen - ermöglicht sie doch eine Betrachtung, die der Lebenswirklichkeit vieler Mitarbeiter(innen) entgegenkommt.
Das Bundesverfassungsgericht hat erst Ende 2014 in einem lange erwarteten Urteil das im Grundgesetz fixierte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen bestätigt. Allerdings müssen bei schwerwiegenden Loyalitätsverstößen die Interessen der Kirche und die Belange der Beschäftigten gegeneinander abgewogen werden. Diesem Anliegen wird die geänderte Grundordnung nun besser gerecht. Die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre gelten natürlich weiter. Doch bei Zuwiderhandlungen muss in der Regel nur geprüft werden, ob sie objektiv ein erhebliches Ärgernis bereiten und die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigen beziehungsweise ob vor einer Kündigung alle bestehenden rechtlichen Möglichkeiten tatsächlich ausgeschöpft wurden. Neu und überaus zu begrüßen ist, dass in den Diözesen zentrale Stellen gebildet werden, die sichern, dass es zu einer einheitlichen Rechtsanwendung kommt.
Der Balanceakt zwischen der Bewahrung des kirchlichen Propriums und den individuellen Lebensverläufen der Beschäftigten ist kein leichter, und das lange Ringen darum bezeugt, dass es sich die Bischöfe und die von ihnen beauftragte Arbeitsgruppe nicht leichtgemacht haben. Letztendlich haben sie mit der überarbeiteten Grundordnung jedoch die Tür dazu aufgestoßen, die Lebenswirklichkeit der Menschen in der ganzen Bandbreite besser zu würdigen: Zeigt doch eine Einrichtung der Caritas ihr kirchliches Profil nicht nur in frommen Bildern und Kreuzen, und sie darf es auch nicht allein an die einzelnen Mitarbeitenden delegieren, indem sie deren persönlichen Lebenswandel unter Umständen sanktioniert. Sie muss sich - so das nicht bereits geschieht - dringend Gedanken machen, wie sie auch strukturell ihre Spiritualität zur Wirkung kommen lässt.
Die nach Scheidung wiederverheirateten oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Caritas-Mitarbeitenden werden durch die Neuregelung von einem belastenden Druck befreit. Nicht an ihren vermeintlichen Unzulänglichkeiten, sondern an ihren Fähigkeiten sollen sie gemessen werden. Dies kann dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Caritas in einer säkularen Gesellschaft zu stärken.
Im nächsten Schritt wollen sich die Bischöfe mit einem erweiterten Verständnis des Loyalitätsbegriffs beschäftigen. Dies ist dringend erforderlich, um die Vorstellungen einer institutionellen Loyalität weiterzuentwickeln. Nötig ist ein Loyalitätsbegriff, der sich nicht nur an der Lebensführung des einzelnen Mitarbeiters festmacht, sondern an der Anforderung, sich klar zum Auftrag der Einrichtung in der Sendung der Kirche zu bekennen und diesen mit der entsprechenden Loyalität zu unterstützen.
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