Schande für Rechtsstaat
Die jüngsten Pläne des Bundesinnenministeriums sind eine Absage an den Flüchtlingsschutz und eine Schande für den Rechtsstaat: Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien sollen zu "sicheren Herkunftsstaaten" erklärt werden. Im Jahr 2013 haben rund 20.000 Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina bei uns Asyl beantragt. Müssen wir dafür Grundrechte beschneiden?
Wer aus einem "sicheren Herkunftsstaat" kommt, dessen Asylantrag gilt von vornherein als "offensichtlich unbegründet", es sei denn, er beweist das Gegenteil. "Offensichtlich unbegründet" lautet auch heute schon das Urteil des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge über fast alle Asylanträge aus den genannten Staaten. Man könnte also fragen: Was ist so schlimm daran, wenn gesetzlich erleichtert wird, was schon Praxis ist?
Schlimm ist, was Gesetzgeber und Bundesamt ausblenden: Die meisten ex-jugoslawischen Asylsuchenden gehören der Minderheit der Roma an. Diese sind nach unabhängigen Berichten von Menschenrechtsorganisationen schwersten Benachteiligungen und Übergriffen ausgesetzt. Doch dass Roma von Schule, Arbeitsmarkt und Gesundheitsversorgung ausgegrenzt werden, dass ihr Staat sie nicht schützt, wenn hasserfüllte Gruppen auf den Straßen Belgrads "Tod den Zigeunern" skandieren, dass Gewalttaten gegen sie straflos bleiben: All das ficht die Bundesregierung nicht an. Rassistische Diskriminierung als Fluchtgrund wird hier von Gerichten fast durchgängig ignoriert. Warnende Stimmen im Gesetzgebungsverfahren werden überhört.
Eine zusätzliche Tücke liegt in einem zweiten Gesetzesentwurf, der den Bundestag noch nicht erreicht hat, aber den Verbänden vorliegt. Wessen Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt wird, der soll künftig qua Gesetz als Sozialbetrüger gelten, der nur eingereist sei, um sich Leistungen zu erschleichen. Das wiederum soll zu einem Aufenthalts- und Wiedereinreiseverbot führen, das erst erlischt, wenn man ausreist und im Regelfall fünf Jahre im Ausland bleibt. Zuwiderhandlung ist strafbar. Damit vollzieht Deutschland spiegelbildlich, was Serbien tut: Dort werden Roma mit Strafe belegt, wenn sie im Ausland Asyl beantragen - hier werden sie indirekt für ihren Asylantrag bestraft. So nehmen Deutschland und Serbien gemeinsam das Menschenrecht in die Zange, das eigene Land zum Schutz vor Verfolgung zu verlassen.
Der Entwurf des Bundesinnenministeriums sieht zugleich das von Kirchen und Verbänden längst geforderte stichtagsunabhängige Bleiberecht für Menschen vor, die seit Jahren geduldet in Deutschland leben. Gut so. Nur: Durch die drakonischen Maßnahmen gegen abgelehnte Asylsuchende und durch weitere Verschärfungen im Ausweisungsrecht wird in Zukunft kaum noch jemand davon profitieren können. Denn wer mit einem Aufenthaltsverbot belegt wurde, kann später auch kein Bleiberecht erlangen. Wir kehren zurück zu den "Kettenduldungen" - einem System, in dem Menschen teils jahrzehntelang unter uns leben und doch nicht am Leben teilhaben dürfen. Wollen wir das?
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