"Es begeistert uns schon, dass wir mit der digitalen Beratungsplattform eine Lösung bieten können"
Wir sprechen mit Andrea Bartsch, der Leiterin der Online-Beratungsplattform beim Deutschen Caritasverband e.V. (DCV). Hier finden Sie den Zugang zur Online-Beratung.
Frau Bartsch, wie geht es Ihnen in diesen Corona-Zeiten?
Gesundheitlich geht es mir zum Glück gut und meiner Familie und meinem näheren Umfeld auch. Meine Arbeitskolleg_innen und ich arbeiten im Homeoffice, sind aber täglich per Videokonferenz miteinander im Kontakt.
Können die Beraterinnen und Berater der Caritas denn auch im Homeoffice arbeiten?
Ja, das müssen wohl inzwischen viele. Die meisten Beratungsstellen bieten ihre Dienste nur eingeschränkt an, direkte Kontakte mit Ratsuchenden sind wegen der Corona-Pandemie keine gute Option. Neben der Telefonberatung ist unsere Online-Beratung absolut Homeoffice-kompatibel. Das bestätigt sich auch, denn die Anfragen von Berater_innen, die nun auch in unsere Online-Beratung einsteigen wollen, sind in den letzten Wochen enorm gestiegen.
Erklären Sie uns, wie das mit der Online-Beratung genau funktioniert?
Eine psychosoziale Beratung per E-Mail ist nicht möglich, denn das Verschicken von E-Mails gleicht dem Senden einer Postkarte. Das heißt, jeder, der sie auf dem Weg in seine Hände bekommt, kann lesen, was darauf geschrieben steht. Und wissen, dass ich bei der Caritas in Beratung bin. Davor wollen wir unsere Klient_innen, die Rat- und Hilfesuchenden, schützen.
Auf unserer Online-Beratungsplattform können sie in insgesamt 16 verschiedenen Bereichen Beratung und Hilfe bekommen. Der Zugang ist absolut datensicher und niederschwellig. Für die Registrierung werden nur ein Login-Name, ein Passwort und eine Postleitzahl benötigt. Das ist auch komplett anonym möglich, indem man sich einfach einen fiktiven Login-Namen ausdenkt. Die Beratung erfolgt immer kostenfrei, und Anfragen werden ausschließlich von Fachleuten aus unseren Beratungsstellen beantwortet, in der Regel innerhalb von 48 Stunden, bei der Schwangerschaftsberatung sogar innerhalb von 24 Stunden.
Deshalb sind wir auch so froh, dass die Zahl der Berater_innen, die über unsere Plattform beraten, aktuell zunimmt, denn dann verteilt sich die Anfragenlast auf mehr Schultern, und wir können unsere zeitliche Zusage an die Ratsuchenden einhalten.
Das bedeutet, der Bedarf an Online-Beratung ist spürbar gewachsen in den letzten Wochen?
Ja, der Beratungsbedarf steigt, das können wir jetzt schon sehen! Die Zahl an Neuregistrierungen (also an neuen Klient_innen, die sich über die Online-Beratung an die Caritas wenden) lag in den letzten zwölf Monaten (vor Corona) im Durchschnitt bei etwa 70 täglich. Die Zahl der versendeten Nachrichten lag bei etwas unter 400.
Jetzt im März 2020 haben wir an manchen Tagen schon über 150 Neuregistrierungen und annähernd 1000 verschickte Nachrichten an einem Tag. Wir haben aber eben auch mehr als 400 Beratende mehr auf der Plattform, als im Februar, und es gibt etwa 60 Beratungsstellen, die neu dazugekommen sind. Und täglich werden es mehr!
An vielen Beratungsstellen wurden auch schon die Direktlinks und der QR-Code zur Registrierung in die Fenster und Türen gehängt, um Ratsuchenden den Einstieg zu erleichtern (Anmerkung: QR-Code und Direktlink können Berater_innen gerne bei uns erfragen, Kontakt s.u.).
Ist die Online-Beratung für viele Menschen überhaupt praktikabel – gerade für Ältere oder auch Wohnungslose?
Wir haben die Online-Beratungsplattform 2018/19 modernisiert, vor allem die technische Basis. Aber ein zentrales Anliegen dabei war auch, dass der Zugang und die Oberfläche intuitiv bedienbar sind. Unsere Online-Beratung ist seither in der Optik einem Messenger angepasst, so dass viele Menschen, die in ihrem Alltag solche Messenger-Apps nutzen, auf bekannte Darstellungen treffen und sich gut zu Recht finden können.
Auch die Bedienbarkeit auf mobilen Endgeräten (Laptops, Smartphones) wurde optimiert, und somit kann die Beratungsplattform von jedwedem internetfähigen Endgerät von überall aus benutzt werden.
Für Menschen, die keine digitale Affinität haben, würde ich es auch als unsere Aufgabe in der Caritas sehen, diese Menschen beim Umgang damit zu unterstützen. Die Smartphone-Sprechstunde der youngcaritas könnte dazu beispielsweise auch gut genutzt werden.
Noch ein Tipp: Wir haben viele kurze Erklär-Videos darüber, wie man die Online-Beratung nutzt und bedient, so dass sich Ratsuchende auch darüber Hilfestellungen holen können.
Wie lange gibt es denn die Online-Beratung bereits?
Die Caritas in Deutschland hat sich schon sehr früh auf den Weg gemacht, auch digital für Ratsuchende erreichbar zu sein. Die Online-Beratung gibt es tatsächlich schon seit 2006!
Angefangen hat es mit ein paar wenigen Fachbereichen und nun sind wir bei 16 verschiedenen Fachbereichen angekommen und haben mit der Sucht-Selbsthilfe des Kreuzbunds, neben der [U25]- Suizidprävention, noch einen weiteren Bereich dazu bekommen, der aus der Selbsthilfe kommt.
Wie viele Menschen stecken denn nun bundesweit als Beratende hinter der Online-Beratung?
Zurzeit beraten mehr als 3000 Berater und Beraterinnen aus mehr als 1100 Online-Beratungsstellen der verbandlichen Caritas und von beteiligten Fachverbänden in der Online-Beratung. Aber wie gesagt: Diese Zahl passt sich momentan und sicher auch in den kommenden Monaten stetig dem neuen Bedarf an.
Schlussfrage: Gibt es Geschichten, die Ihnen derzeit Mut machen?
Wir bekommen viele Rückmeldungen von Mitarbeitenden aus verschiedensten Beratungsbereichen, dass sie sehr froh sind, dass es unsere digitale Beratungsplattform gibt. Denn dadurch können sie mit ihren Klientinnen und Klienten trotz Corona in Kontakt bleiben und sogar mit neuen Ratsuchenden in Kontakt treten.
Es begeistert uns schon, dass wir in Zeiten, in denen die Probleme die Oberhand zu gewinnen drohen, eine Lösung bieten können. Natürlich gibt es auch Tools, wie Gruppenchat und Videoberatung, die auch gerne genutzt werden würden, die wir aber erst noch entwickeln müssen, bevor wir auch diese Beratungsformen datensicher zur Verfügung stellen können.
Herzlichen Dank an alle Engagierten, die Ratsuchende, die sich in ihrer Not an uns wenden, auch in diesen Zeiten bestmöglich weiter unterstützen! Bleiben Sie alle gesund!
Informationen und Hinweise an Beratungsstellen und Berater_innen:
- Anfragen, die von Klient_innen per E-Mail an unsere Beratungsstellen geschickt werden, sollten lediglich mit dem Hinweis auf die datensichere Möglichkeit der Online-Beratung und dem Link zum jeweiligen Fachbereich beantwortet werden. Alles weiter ist nicht zulässig!
- Sie als verbandliche Beratungsstelle/Beratende haben Interesse bei der Online-Beratung einzusteigen? Melden Sie sich bei uns.
Kontakt:
Deutscher Caritasverband e.V.
Andrea Bartsch
Referatsleiterin Online-Beratungsplattform
Telefon 0761 200-124
Andrea.Bartsch@caritas.de
Wichtig ist uns weiterhin, dass alle Berater_innen, die auf unserer Plattform beraten, eine Einstiegsfortbildung gemacht haben, denn das schriftliche Beraten unterscheidet sich deutlich davon, jemandem gegenüber zu sitzen und zu sehen, zu hören, zu spüren, wie jemand auf das reagiert, was wir sagen. Auch die Fragen nach Haftung bei schriftlichen Antworten und der Möglichkeit, Dokumente datensicher zu versenden, spielen dabei eine wichtige Rolle. Wir haben dazu eine Fortbildung, die normalerweise zusätzlich zu einem vorgeschalteten E-Learning noch einen Präsenztag erfordert, jetzt in kürzester Zeit auf die neuen Anforderungen angepasst. Zunächst haben wir den Präsenztag durch eine 2x2 Stunden dauernde Videokonferenz ersetzt.
Weil die Nachfrage so groß ist, sind wir zusätzlich dabei, den ersten Teil des Präsenztages in einem Video darzustellen und daran anschließend eine Videokonferenz für Fragen anzubieten (mehr zu diesem Termin). Das findet jeden Mittwoch von 10-11 Uhr statt. Davor bieten wir von 9-10 Uhr eine Führung durch das Beratungssystem an, damit sich Interessierte Entscheider_innen und Berater_innen ein Bild davon machen können, was da auf sie zukommt.