Sucht bei Freunden und Kollegen
Maria Surges-Brilon leitet die Caritas-Suchtberatung in Euskirchen.
Es antwortet Maria Surges-Brilon. Sie ist Leiterin der Caritas-Suchtberatung in Euskirchen.
Was kann ich tun, wenn ich vermute, dass mein Freund oder Kollege suchtkrank ist?
Bleiben Sie vor allem offen und ehrlich. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass der Betreffende morgens schon eine Fahne hat, dass er plötzlich lügt oder dass er während der Arbeit unachtsam wird. Dann sprechen Sie ihn konkret darauf an, was Sie wahrnehmen. Aber stellen Sie keine Diagnose und machen Sie ihm keine Vorwürfe. Sagen Sie besser: "Du veränderst Dich, ich mache mir Sorgen. Kann das sein, dass da irgendwas ist?" Je ehrlicher, offener und wertschätzender so eine Rückmeldung ist, um so eher kann sie jemand annehmen.
Welche Verantwortung habe ich für Freunde und Kollegen?
Natürlich sind Sie nicht für die Sucht des Gegenübers verantwortlich, auch wenn Sie heftigen Streit mit ihm hatten oder ihn als Chef überfordert haben. Wer süchtig ist, trägt alleine die Verantwortung dafür. Ich kann zwar eine mitmenschliche Verantwortung spüren, aber das ist etwas anderes. Es gibt Ursachen für die Entwicklung von Abhängigkeit. Das können Konflikte sein, unerfüllte Sehnsüchte, Überforderung, Unterforderung oder auch etwas, das lange in der Vergangenheit zurück liegt. Das sind die Hintergründe. Dass aber jemand den Weg wählt, mit einem Suchtmittel diese Probleme zu lösen, ist allein seine Entscheidung. Das muss man immer differenzieren.
Kann ich überhaupt helfen, oder mache ich mir da etwas vor?
Wenn Sie glauben, der Freund oder Angehörige ändert sein Verhalten, nachdem Sie ihn angesprochen haben, ist das eine Illusion. Das wird nicht passieren. Es hilft aber, jemand sein Verhalten zu spiegeln und zu signalisieren, dass man ihn dennoch mag und bei allem unterstützt, was ihm aus der Sucht hilft. Sie können davon ausgehen, dass alle Betroffenen merken, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Nur wollen sie es im ersten Augenblick nicht wahrhaben. Es geht genau um diesen Prozess, dass jemand die Krankheit für sich akzeptieren kann, ohne sich selber schlecht zu machen, sich moralisch runterzuputzen. Zu diesem ersten Schritt aus der Sucht wieder herauszukommen, kann ein offenes Gespräch mit einem Freund oder Kollegen viel beitragen.