Wege aus der Erschöpfungsfalle
Irgendwann ist alles zu viel.Fotolia
Irgendwie hat es jahrelang geklappt: der Haushalt war in der Reihe, die Kinder gut versorgt, auch im Job erfüllte sie die Erwartungen. Doch in letzter Zeit merkt sie, dass sie sich ständig überfordert fühlt. Eine gähnende innere Leere macht sich breit. Das ist eine Geschichte, die viele Mütter erzählen können. Die Geschichte vom Beginn eines Burnouts.
„Ein Burnout ist wie eine Spirale“, erklärt Dr. Wilhelm Ulrich, Leitender Arzt im Therapiezentrum Caritas-Haus Feldberg. „Es fängt damit an, dass sich die Mutter intensiv für ein Ziel einsetzt. Dann merkt sie plötzlich, dass das nicht mehr gut funktioniert. Statt sich den Konflikten zu stellen verdrängt sie diese und zieht sich in sich zurück.“ Frustration und innere Leere bis hin zur Apathie sind die nächsten Stufen. Von dort ist der Schritt zu einer Depression nicht mehr weit.
Alarmsignale für den Beginn dieses Teufelskreises sind neben tiefer Erschöpfung dauerhafte Schlafstörungen und mangelndes sexuelles Interesse, berichtet Dr. Ulrich. „Aber Frauen verpacken ihr Burnout auch oft in körperlichen Problemen. Sie klagen über Verspannungen im Rücken, über Kopf- oder Magenschmerzen.“
Dem Stress auf den Grund gehen
Um gesund zu werden, müssen Burnout-Patientinnen zunächst die Ursache ihrer Erschöpfung herausfinden. „Dafür kann manchmal das Gespräch mit einer Freundin ausreichen“, sagt Dr. Ulrich. „Kompetentere Hilfe leisten aber die Fachleute einer caritativen Beratungsstelle.“ Größter Stressfaktor im Leben von Müttern ist oft ihre Mehrfachbelastung in Familie und Beruf. „Manche berufstätige Frauen fühlen sich wie Rabenmütter, weil sie scheinbar ihrer Mutterrolle nicht gerecht werden“, beschreibt der Arzt. Zermürbende Erziehungsprobleme stellen sich ein, denn „Mütter, die ihre Kinder berufsbedingt vermehrt in fremde Hände geben müssen, haben es oft schwer, diesen Kindern Grenzen zu setzen – die tanzen ihnen schnell auf der Nase herum“.
Zeit zur Genesung
Eine Vorsorge oder Reha bietet gute Chancen, ein Burnout zu überwinden. Die Behandlung dort ist oft der erste Schritt zu Veränderungen im Alltag und einer länger andauernden Therapie – auch wenn viele Mütter dazu ihre innere Hemmschwelle überschreiten müssen. Dr. Ulrich macht bei den Erstgesprächen mit Müttern im Caritashaus Feldberg die Erfahrung, dass sie eine längerfristige Gesprächstherapie zunächst oft ablehnen, nach den positiven Erfahrungen in der Klinik später aber doch dafür aufgeschlossen sind.
Ob es für Mütter sinnvoll ist, die Kinder mit zu nehmen oder nicht, hängt laut Dr. Ulrich von der Stufe des Burnouts und von dessen Ursachen ab. Ohne Kinder sollten die Frauen in Kur gehen, deren Krankheit so weit fortgeschritten ist, dass sie sich kaum noch angemessen mit ihrer Umwelt befassen können. Die Kinder mitzunehmen empfiehlt Dr. Ulrich, wenn sie eine Ursache für die Erschöpfung sind: „Wir arbeiten dann hier daran, das Miteinander von Mutter und Kind zu verbessern.“ Ein wichtiger Schritt zur Genesung.
Dr. Wilhelm Ulrich war 16 Jahre lang ärztlicher Leiter des Interdisziplinären Therapiezentrums Caritas-Haus Feldberg im Schwarzwald und ist weiterhin als ärztlicher Berater dort tätig. Hier wacht er über den Therapie-Erfolg bei Mutter-Kind-Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche. Er ist ausgebildet in Psychotherapie, Public Health und Rehabilitationsmedizin.