Jugendsozialarbeit und ihre Rolle für den Bildungserfolg
Schwierige Startchancen bedeuten oft mangelnde Bildungserfolge. Die Caritas setzt sich mit ihrer Jugendsozialarbeit für faire Teilhabechancen für alle ein. Katarzyna Bialasiewicz Photographee.eu
Ausschlaggebend für (berufliche) Bildungserfolge sind die Chancen, die Kinder und Jugendliche in der schulischen Bildung erfahren. Dass auch die soziale Herkunft Bildungs- und Zukunftschancen bedingt, ist wissenschaftlich hinreichend belegt. 30 Prozent der Minderjährigen in Deutschland wachsen in armutsgefährdeten Haushalten auf (Nationaler Bildungsbericht 2018). Sie sind mindestens einer von drei Risikolagen - sozial, finanziell oder bildungsbezogen - ausgesetzt.
Ein Aufwachsen in Armut bedeutet dabei meist auch ein Leben in Armut, wie aus dem Monitor Jugendarmut in Deutschland 2018 der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) hervor geht. Er belegt auch, dass die mangelnden Startchancen sich negativ auf die Bildungschancen auswirken. Zudem setzt sich der Bildungsstatus nach wie vor über Generationen fort.
Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit haben einen Bildungsauftrag
Aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (8. Sozialgesetzbuch - SGB VIII) ergibt sich der Gesamtauftrag für die Jugendhilfe, zu der die Jugendsozialarbeit als Teilbereich gehört. In § 1 SGB VIII ist das Recht jedes jungen Menschen "auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit" verortet. Aufgaben und Ziele der Jugendsozialarbeit sind vor allem in § 13 Abs. 1 geregelt: "Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern." Bildungsbenachteiligung soll abgebaut werden. Zu den für den Bildungsauftrag relevanten Aufgaben und Zielen gehört demnach die durch Angebote der Jugendsozialarbeit flankierte Förderung der schulischen und beruflichen Ausbildung mit dem Fokus auf der sozialen und arbeitsmarktbezogenen Integration.
Bildung heißt auch Persönlichkeitsentwicklung
52.000 Schüler(innen) verließen 2017 die Schule ohne einen Abschluss, Caritas-Bildungsstudie „Bildungschancen vor Ort“.Drobot Dean - stock.adobe.com
Im 15. Kinder- und Jugendbericht wird deutlich, dass Qualifizierung, Selbstpositionierung und Verselbständigung die Kernherausforderungen des Jugendalters sind. Der Bericht betont, dass neben der Qualifizierung, also der Aneignung von Wissen und beruflicher Handlungskompetenz, von den "Institutionen des Aufwachsens" vor allem Beiträge zu einer eigenen Positionsfindung, zu politischer Verantwortung und zu demokratischer Handlungskompetenz geleistet werden müssen. Neben der Wissensvermittlung muss Bildung demnach zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen.
Die Jugendsozialarbeit begleitet diese Bildungsprozesse. Sie ermöglicht es jungen Menschen, sich zentrale Kompetenzen für eine selbstständige Lebensgestaltung anzueignen. Sie handelt dabei nach einem umfassenden, ganzheitlichen Bildungsverständnis. Mit ihren Angeboten wird entsprechend non-formales und informelles Lernen gefördert, also freiwillig wahrnehmbare, weniger strukturierte Bildung in außerschulischen Einrichtungen, sowie eher beiläufig und ungeplant ablaufende Bildungsprozesse.
Bildungsangebote der Jugendsozialarbeit in der Praxis
Die Katholische Jugendsozialarbeit setzt sich dafür ein Bildungsangebote für alle Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrer Anliegen und Interessen zu schaffen.
- So werden partizipative Projekte umgesetzt, die gesellschaftliche Themen bearbeiten, wie im Projekt M&M Mitreden und Mitgestalten.
- Arbeitsschwerpunkte der schulbezogenen Jugendsozialarbeit/Schulsozialarbeit sind - neben der Einzelfallhilfe - Gruppenarbeit, etwa zu sozialen Kompetenzen, Konfliktfähigkeit, Kinder- und Jugendrechte, Klassenrat sowie sozialraumbezogene Angebote (Gemeinwesenprojekte, Netzwerktreffen).
- Schulsozialarbeiter(innen) sind auch verstärkt angefragt bei der (Mit-)Realisierung von Partizipation der Schüler(innen) zu Schulentwicklungsfragen und im Rahmen digitaler Transformationsprozesse.
- Erfolgreich sind ganzheitliche Bildungsprozesse insbesondere, wenn sie sich mit dem Lernen im formalen Bildungssystem wechselseitig ergänzen. Hierzu sind Angebote zum "Lernen durch Engagement (LdE)" oder "Service Learning" erprobt und verbreitet.
- Zudem setzen die Jugendmigrationsdienste Angebote im Rahmen des Bundesprogramms "Respekt Coaches" um.
- Im Rahmen der Jugendberufshilfe und für junge Menschen, die der Schule fern bleiben gibt es auch eigenständige, formal qualifizierende Angebote. Hier sind berufsvorbereitende Maßnahmen zu nennen sowie außerschulische Angebote, die die schulische Bildung begleiten, auf eine Reintegration in Schule zielen oder unabhängig vom Schulunterricht auf einen Schulabschluss vorbereiten (vgl. "Wenn Kinder und Jugendliche nicht in die Schule gehen").
Über die §§ 11 und 81 SGB VIII werden zudem die "schulbezogene Jugendarbeit" und die grundsätzliche Verpflichtung der Jugendhilfe zur Zusammenarbeit mit Schulen geregelt. Die Jugendberufshilfe agiert auch an den Schnittstellen zum Zweiten (SGB II) und Dritten Sozialgesetzbuch (SGB III).