Rechtliche Aspekte und Hinweise für Unternehmen
Es gibt viel zu beachten bei der Einstellung von Flüchtlingen.B. Betzelt / DCV
Bei der Beschäftigung von Geflüchteten sind nicht nur sprachliche oder kulturelle Hürden zu meistern. Ebenso wichtig ist es, sich vorher zu informieren und die ausländerrechtliche Situation der Bewerber(innen) zu beachten, damit die Einstellung reibungslos funktioniert. Das Ausländerrecht und ebenso die Fördermöglichkeiten durch die Arbeitsagentur oder das Jobcenter sind komplex und ändern sich laufend. Die Caritas als potenzielle Dienstgeberin hat dabei den Vorteil, neben den regulären Beratungsangeboten für Arbeitgeber auf die verbandseigene Expertise im Migrationsbereich zurückgreifen zu können.
Im Folgenden werden einige ausländerrechtliche Grundinformationen gegeben und aufgezeigt, wie sich der Rechtsstatus auf Arbeitserlaubnis, Fördermöglichkeiten und Bleibeperspektive auswirkt. Weiter werden die Beratungsangebote, die zur Verfügung stehen, kurz beschrieben.
Bei der Einstellung von Geflüchteten stellen sich folgende Fragen für die Dienstgeber:
- 1. Darf der/die ausgewählte Bewerber(in) arbeiten? Muss eine Beschäftigungserlaubnis eingeholt werden? Wovon hängt deren Erteilung ab?
- 2. Kann die Einrichtung damit rechnen, dass der/die Geflüchtete auch langfristig in Deutschland bleiben kann, so dass sich Einarbeitungs- oder Ausbildungsaufwand lohnen?
- 3. Gibt es im Vorfeld der Einstellung, in der Einarbeitungszeit oder auch längerfristig beziehungsweise während einer Berufsausbildung Fördermöglichkeiten durch die Arbeitsagentur, das Jobcenter oder von anderen Stellen für den eingestellten Flüchtling?
Diese Fragen lassen sich nur mit Kenntnis des Aufenthaltsstatus und einiger anderer Daten des Bewerbers oder der Bewerberin (zum Beispiel bisherige Aufenthaltsdauer, Herkunftsland) beantworten.
Geflüchtete Menschen und ihr Aufenthaltsstatus
Zunächst ist festzuhalten, dass der umgangssprachliche Gebrauch des Begriffs „Flüchtling“ nicht mit der juristischen Definition gleichbedeutend ist und immer wieder zu Missverständnissen führt. Im allgemeinen Sprachgebrauch sind Flüchtlinge Menschen, die aus einer Notlage (zum Beispiel Verfolgung, Krieg, Hunger) ihre Heimat verlassen müssen, in der Hoffnung, in einer anderen Region oder einem anderen Land Schutz vor den Bedrohungen und bessere Lebensverhältnisse zu finden. Dieser weit gefasste Begriff kann Asylsuchende (-bewerber), anerkannte und aufgenommene Flüchtlinge, abgelehnte (ausreisepflichtige) Asylbewerber sowie sogenannte „Bleibeberechtigte“ umfassen. Letztere haben zwar im Asylverfahren keinen Schutzstatus erhalten, später jedoch aufgrund langjähriger Unmöglichkeit der Ausreise beziehungsweise Abschiebung und guter Integration ein Aufenthaltsrecht bekommen. Im Artikel bezeichne ich diese weit gefasste Gruppe von Menschen als „Geflüchtete“, in Abgrenzung zur juristischen Definition der „Flüchtlinge“.
Flüchtlinge im rechtlichen Sinn sind nur Personen, die im Rahmen eines Asylverfahrens einen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) erhalten haben. Das sind Menschen, denen in ihrem Herkunftsland Verfolgung droht „wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ und die sich dort nicht auf staatlichen Schutz verlassen können. Nicht alle Personen, die im Rahmen des Asylverfahrens einen Schutzstatus zugesprochen bekommen, gelten als Flüchtlinge in diesem Sinn. Tatsächlich gibt es vier verschiedene Anerkennungsniveaus: Die häufigsten sind die Flüchtlinge nach der GFK (siehe oben) und die subsidiär Schutzberechtigten (zum Beispiel aufgrund eines Bürgerkriegs) nach europäischem Recht. Je nach zugesprochenem Schutzstatus erhalten sie eine Aufenthaltserlaubnis mit unterschiedlicher Rechtsgrundlage.
Es gibt eine Vielzahl weiterer Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen wie beispielsweise die oben erwähnten Bleibeberechtigten sowie die aus dem Ausland (ohne Asylverfahren) aufgenommenen Flüchtlinge (Kontingent- oder Resettlement-Flüchtlinge).
Stark eingeschränkt ist die rechtliche Situation der Asylsuchenden im Verfahren (diese haben in der ersten Zeit nach ihrer Einreise einen Ankunftsnachweis, später eine Aufenthaltsgestattung) und der abgelehnten Asylbewerber, die ausreisepflichtig (gegebenenfalls auch von Abschiebung bedroht) sind und nur eine sogenannte Duldung als Aufenthaltsnachweis haben. Für diese beiden Gruppen bestehen vor allem auch Einschränkungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt.
Der aufenthaltsrechtliche Status (Bezeichnung und Rechtsgrundlage im AufenthG) lässt sich aus dem Aufenthaltspapier entnehmen. Es ergeben sich daraus differierende Rechtsfolgen, zum Beispiel in Hinblick auf dauerhaftes Aufenthaltsrecht, Sprach- und Arbeitsförderung, Wohnsitzauflage, Sozialleistungen oder Familiennachzug, die bei der Frage einer Einstellung jeweils zu prüfen sind.
Zugang zum Arbeitsmarkt
Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis als Flüchtling oder aus einem anderen humanitären Grund haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt, Asylbewerber und Geduldete hingegen nicht. Sie benötigen zur Arbeitsaufnahme eine Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde. Diese darf ihnen in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland nicht erteilt werden beziehungsweise bei Asylbewerbern nicht, solange sie noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen. Das kann bis zu sechs Monate dauern.
Danach kann die Arbeitsaufnahme grundsätzlich erlaubt werden, in der Regel wird die Agentur für Arbeit beteiligt. Diese muss der Erteilung der Beschäftigungserlaubnis durch die Ausländerbehörde zustimmen. Für die Zustimmung prüft die Arbeitsagentur erstens die Arbeitsbedingungen, das beinhaltet vor allem die Frage, ob tariflicher beziehungsweise branchen- und ortsüblicher Lohn bezahlt wird, und zweitens, ob bevorrechtigte Bewerber für das konkrete Stellenangebot zur Verfügung stehen. Seit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016 wird diese Vorrangprüfung jedoch nur noch in wenigen Arbeitsagentur-Bezirken mit hoher Arbeitslosigkeit (Die Vorrangprüfung wird noch in Mecklenburg-Vorpommern flächendeckend und einigen Agenturbezirken in Bayern und Nordrhein-Westfalen durchgeführt) und dort auch nur in den ersten 15 Aufenthaltsmonaten durchgeführt. Die Beteiligung der Arbeitsagentur ist nicht erforderlich bei der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für eine Berufsausbildung, für bestimmte Arten von Praktika, Freiwilligendienste und im Hochqualifizierten-Bereich. Ebenso entfällt die Beteiligung der Arbeitsagentur nach vier Jahren Aufenthaltszeit in Deutschland.
Unabhängig von der Entscheidung der Arbeitsagentur muss die Ausländerbehörde die Beschäftigungserlaubnis versagen, wenn es sich um Asylbewerber oder Geduldete aus einem sogenannten „sicheren Herkunftsland“ (Sichere Herkunftsländer nach § 29a AsylG sind: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien) handelt, die erst nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt haben. Das Gleiche gilt bei Geduldeten, denen vorgeworfen wird, ihre Abschiebung durch fehlende Mitwirkung (Passbeschaffung, Identitätsklärung) zu verhindern.
Zieht man also die Beschäftigung von Geflüchteten in Erwägung, muss der genaue Aufenthaltsstatus festgestellt und gegebenenfalls ein Arbeitserlaubnisverfahren durchgeführt werden. Es ist sinnvoll, sich vorher bei den Caritas-eigenen Fachdiensten oder den Fachstellen vor Ort zu informieren, damit die Beschäftigungserlaubnis schnell und mit positivem Ergebnis erteilt wird. Der Ablauf des Verfahrens bei Asylsuchenden und Geduldeten ist im Schaubild dargestellt.
Bleibeperspektive
Eine wesentliche Frage, die sich bei der Einstellung von Geflüchteten für den Arbeitgeber stellt, ist die nach der Aussicht auf einen längerfristigen Aufenthalt in Deutschland, die „Bleibeperspektive“, vor allem, wenn ein größerer Einarbeitungs-, Qualifizierungs- oder Ausbildungsaufwand betrieben werden soll. Diese Bleibeperspektive ist individuell sehr unterschiedlich. Bei Besitzern einer Aufenthaltserlaubnis als Flüchtling oder anderweitig Schutzberechtigter ist sie (rechtlich) gegeben. Bei Asylsuchenden lässt sie sich anhand der Anerkennungsquoten für das Herkunftsland abschätzen. Bei ihnen kann auch die Aufnahme einer Ausbildung eine Rolle spielen, da diese bei Ablehnung eines Schutzbedarfs zu einer Duldung führen kann. Durch das Integrationsgesetz wird der Aufenthalt während einer Berufsausbildung für abgelehnte Asylbewerber und für bislang Geduldete gesichert und spätestens mit der anschließenden Beschäftigung als Fachkraft ein Aufenthaltsrecht in Aussicht gestellt. Die Fachdienste vor Ort können dies bei entsprechender Information gut einschätzen.
Für Geduldete lässt sich generell sagen, dass sich durch Arbeitsaufnahme und daraus resultierende Unabhängigkeit von Sozialleistungen die Bleibeperspektive erheblich erhöht und sich ein sicherer Aufenthaltsstatus ergeben kann. Auch über diese verschiedenen Bleiberechtsregelungen können die Beratungsstellen umfassend informieren.
Arbeits- und Ausbildungsförderung
Für die Arbeits- und Ausbildungsförderung von Asylsuchenden (mit Ankunftsnachweis oder Aufenthaltsgestattung) und Geduldeten ist die Agentur für Arbeit zuständig, während für die anerkannten Flüchtlinge und andere Schutzberechtigte in der Regel das Jobcenter verantwortlich ist. Letzteren stehen mittlerweile fast ausnahmslos alle Fördermöglichkeiten des SGB II und SGB III offen.
Für Asylbewerber und Geduldete bestehen – trotz weiterer Öffnung durch das Integrationsgesetz – Zugangsbeschränkungen zu den Fördermaßnahmen wie etwa der Ausbildungsförderung des SGB III. Hier wird an manchen Stellen auf die sogenannte „Bleibewahrscheinlichkeit“ (In der Verwaltungspraxis wird eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit angenommen bei Asylbewerbern aus Ländern mit einer Anerkennungsquote von über 50 Prozent: zurzeit die Länder Eritrea, Irak, Iran, Somalia und Syrien) in Abhängigkeit vom Herkunftsland zurückgegriffen.
Die Bundesagentur für Arbeit und auch weitere Träger haben seit letztem Jahr spezielle Fördermaßnahmen für Geflüchtete konzipiert, die den Einstieg in Arbeit oder Ausbildung erleichtern und Berufsorientierung, Kompetenzfeststellung und Deutschförderung beinhalten.
Beratung und Vernetzung
Um das Arbeitsverhältnis erfolgreich zu gestalten, ist es sinnvoll, schon im Vorfeld auf das Fachwissen der Spezialist(inn)en zurückzugreifen. Das gilt für rechtliche Fragen genauso wie für interkulturelle. Dabei können die Personalverantwortlichen der Caritas auf viele interne Fachstellen zurückgreifen.
Flächendeckend gibt es als Regeleinrichtung die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) und den Jugendmigrationsdienst (JMD), die in vielen Regionen von den Caritasverbänden angeboten werden. In zahlreichen weiteren Maßnahmen oder Projekten mit Migrations- beziehungsweise Flüchtlingsbezug, die von verschiedenen öffentlichen Trägern finanziert werden, arbeiten fachkompetente Mitarbeiter(innen). Die Diözesen stellen eigene Mittel für die Begleitung von Geflüchteten zur Verfügung. Bei den Projekten sind die sogenannten Bleiberechtsnetzwerke des ESF-IvAF-Programms (Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen, Programm der ESF-Integrationsrichtlinie Bund 2014-2020) hervorzuheben. In bundesweit 41 Netzwerken arbeiten verschiedene Institutionen zusammen, um die Integration von Geflüchteten in Arbeit und Ausbildung voranzubringen. In diesen Netzwerken sind drei Diözesan- und 22 Orts-Caritasverbände vertreten, die auch Eigenmittel zur Verfügung stellen.
Auf Landes- und Bundesebene stehen die Referent(inn)en der Flüchtlings- beziehungsweise Migrationsreferate zur Verfügung. Ebenso kann man auf die Expertise der Arbeitsrechts- und Personalreferent(inn)en zurückgreifen. Als externe Akteure sind die Arbeitsagenturen und Jobcenter zu nennen, die vielerorts spezielle Flüchtlings-Kompetenzteams eingerichtet haben, einstellungsbereite Arbeitgeber gut beraten und Probebeschäftigungen als sogenannte MAG-Maßnahme ("Maßnahme beim Arbeitgeber", Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III.) unkompliziert ermöglichen. Regional unterschiedlich gibt es mittlerweile auf Gemeinde-, Kreis- und Landesebene zahlreiche weitere Angebote und Vernetzungsstellen.
Wenn die Einstellung und Einarbeitung gut verläuft, haben Dienstgeber der Caritas die Chance, hochmotivierte, verantwortungsbewusste und langjährige Mitarbeiter(innen) zu gewinnen!