Erfolgreiche Integration von Müttern mit Migrationshintergrund in den Pflegeberuf
Die Caritas macht sich stark für die Qualifizierung und Anstellung von Flüchtlingen, auch in den eigenen Einrichtungen. Deutscher Caritasverband/Harald Oppitz
Fachkräftesicherung im Gesundheitswesen und Migration sind derzeit aktuelle und gesamtgesellschaftlich relevante Themen. Diskutiert wird, inwiefern zugewanderte Menschen einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftemangels leisten können.
Die konkrete Umsetzung des Bundesprogramms "Stark im Beruf - Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein" beim Bonner Verein für Pflegeberufe schafft Rahmenbedingungen, um Müttern mit Migrationshintergrund den Einstieg in einen Pflegeberuf als Chance zur eigenständigen Existenzsicherung zu ermöglichen. Damit wird das Erreichen eines staatlich anerkannten Abschlusses als zentrales Ziel angestrebt.
Das Projekt ist in drei Phasen eingeteilt: Einstiegs-, Orientierungs- und Qualifizierungsphase. In seiner Gesamtkonzeption ist es flexibel und individuell auf die Bedürfnisse der Teilnehmerinnen ausgerichtet. Ein Einstieg ist jederzeit möglich. Aufgenommen werden alle Mütter mit Migrationshintergrund, die grundlegende Sprachkenntnisse auf dem Niveau von A2 gemäß dem "Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen" (GER) und Interesse für den Pflegeberuf haben. Je nach Voraussetzungen und Zielvorstellungen der Teilnehmerinnen sind Dauer und Verbleib in den verschiedenen Projektphasen sehr unterschiedlich. Die Teilnehmerinnen werden während des gesamten Projektverlaufs, d.h. vom Erstgespräch über die Beendigung einer Schul-, Aus- oder Weiterbildung bis hin zur Aufnahme in den Pflegeberuf vom Projektteam betreut und begleitet.
Auszug aus der Masterthesis Fendi 2017
Die Projektevaluation für den Zeitraum vom 01.03.2015 bis 01.05.2017 führt zu folgenden Erkenntnissen:
In der Zusammensetzung der Zielgruppe zeigt sich eine ausgeprägte Heterogenität im Hinblick auf Alter, Herkunft, Bildungsabschlüsse sowie Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsstatus. Weiterhin zeigt sich, dass die Frauen über sehr unterschiedliche formale und non-formale Bildung verfügen.
Sie können aber auch durch ihre unterschiedlichen Biografien, vor allem Lernbiografien, auf individuelle Fähigkeiten und Erfahrungen zurückgreifen, die für eine Ausbildung und den Arbeitsmarkt verwertbar sind.
Erfolgsfaktoren in der Orientierungsphase:
- der individuelle, unbürokratische und niedrigschwellige Einstieg in das Projekt,
- die individuelle Ausrichtung des Projektes, welches an den Wünschen und Bedürfnissen der Mütter ansetzt und ihre Ressourcen berücksichtigt,
- das Interesse, die Motivation und die Bereitschaft der Mütter etwas Neues zu lernen,
- das Freiwilligkeitsprinzip, d.h. die Frauen können jederzeit aus dem Projekt aussteigen. Das bedeutet, dass diejenigen Frauen bleiben, die im Projekt eine Chance sehen und somit zu einer lernförderlichen Atmosphäre beitragen,
- die Solidarität der Mütter untereinander im Kurs und ihre gegenseitige Unterstützung.
Die Mentorinnen ermöglichen durch unkomplizierte und unbürokratische Vermittlung in Schnuppertagpraktika Einblicke in den Altenpflegeberuf. Damit haben die Mütter die Chance frühzeitig festzustellen, ob der Altenpflegeberuf ihr Interesse weckt.
Folgende Projektmodule werden in der Orientierungsphase unterstützend eingesetzt:
- Unterricht mit Kinderbetreuung,
- Sprachunterricht,
- Pflegefachunterricht,
- die Vermittlung und Begleitung in Praktika und in Ausbildungsbetriebe
- und die Begleitung bei der Anerkennung der Berufs- und Schulabschlüsse.
Dadurch erwerben die Mütter in der Orientierungsphase die formalen Voraussetzungen und werden auf den Einstieg in eine Schul- bzw. Ausbildung sowie eine Qualifizierung vorbereitet. Durch die Expertise des Projektteams konnten die Frauen im Bereich Pflege umfassend informiert und beraten werden. Es konnten gemeinsam mit ihnen einzelne Schritte geplant und umgesetzt werden. Themen wie die Finanzierung der Ausbildung, die Unterstützung bei der Kontaktaufnahme bzw. Vermittlung in die Einrichtungen, aber auch die Klärung der Fragen zu Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ausländerrechtliche Angelegenheiten, wurden ebenfalls vom Team übernommen.
Erfolgsfaktoren in der Qualifizierungsphase
- die positive Haltung und langjährige Erfahrung des Bonner Vereins für Pflege- und Gesundheitsberufe in der Zusammenarbeit mit Menschen mit Migrationsintergrund und in der Bewältigung von Diskriminierung,
- die enge Kooperation und Zusammenarbeit mit Jobcenter, Agentur für Arbeit, Ausländerbehörde, Bezirksregierung und den ehrenamtlichen Netzwerken in der Kommune,
- die kontinuierliche Begleitung und Betreuung der Mütter während der gesamten Qualifizierungsphase wird dadurch ermöglicht, dass alle Qualifizierungen beim Verein stattfinden und aus "einer Hand" geplant, koordiniert, gesteuert und kontrolliert werden.
Erfolgsfaktoren für den Verbleib der Frauen in der Praxis
- die günstige Arbeitsmarktsituation für Pflegekräfte, also ein hoher Bedarf an staatlich anerkannten Altenpfleger/innen,
- den Kontakt zu den Einrichtungen erhalten die Teilnehmerinnen während der Orientierungsphase sowie in ihrer Qualifizierungsphase. Die Erfahrungen in den Praktika beeinflussen das Bewerbungsverhalten der Absolventinnen. So sind die meisten von ihnen in den Einrichtungen erwerbstätig, in denen sie zuvor auch ihr Praktikum absolviert haben.
Die Evaluation sowie die Auszeichnungen des Projektes "Stark im Beruf: Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein - Willkommen in der Pflege" belegen seine Wirksamkeit.
Projektstand 01.03.2015 bis 01.05.2017
121 Teilnehmerinnen
28 Frauen in der Orientierungsphase
20 Frauen sind aus dem Projekt ausgetreten
Auszug aus der Masterthesis Fendi 2017
Der maßgebliche Erfolgsfaktor besteht darin, die Potenziale der Mütter mit Migrationshintergrund zu erkennen und durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen diese zu entfalten. Hierbei müssen die Programme und Rahmenbedingungen sich an den Wünschen und Bedürfnisse der Mütter ausrichten. Nur dann sind sie auch langfristig nachhaltig.