Eigenverantwortlich, individuell, einzigartig
Berg an Berg, Wälder und Wiesen, kleine lauschige Städtchen und Dörfer… - der westliche Teil des Wartburgkreises - in der hohen Rhön gelegen: Viele Menschen, die hier rund um Vacha, Geisa und Kaltennordheim in der thüringischen Rhön leben, sind sehr heimatverbunden. Nachdem sich die Arbeitsmarktlage in der Rhön zuletzt positiv entwickelt hat, stagniert die Abwanderung, die nach der Grenzöffnung eingesetzt hatte und sehen auch junge Menschen nicht mehr zwingend einen Grund, nach Ende der Schule fortgehen zu müssen.
Was den Jugendlichen und jungen Erwachsenen allerdings lange Zeit fehlte, war eine von ihnen eigenständig "verwaltete" Anlaufstelle für die eigene Generation, wo Geselligkeit möglich ist, wo man altersgemäß Musik hören kann, wo Menschen zwischen 15 und 25 Jahren Gestaltungsmöglichkeiten und selbst das Sagen haben. Für die alten, aus DDR-Zeiten von den Kommunen übernommenen Jugendclubs fehlte ein zündendes, auch die jungen Menschen mitreißendes Konzept.
Hier kam die Caritas für die Regionen Fulda und Geisa ins Spiel, die seit dem Jahr 2000 modellhaft im Auftrag des Wartburgkreises die Trägerschaft übernahm und gleichzeitig zum Koordinator verpflichtet wurde. 2003 wurde aus diesem Modell ein flächendeckendes Projekt, und die Caritas sowie andere freie Träger wie z.B. Diakonie und AWO bekamen bestimmte Kreisgebiete - so genannte Sozialräume - zugewiesen.
Das System "Caritas-Jugendclub" funktioniert bestechend einfach: Die Kommune stellt kostenlos einen Raum zur Verfügung, die Caritas übernimmt als Träger die Verantwortung und sorgt dafür, dass eine Eigenverwaltung mit einem Jugendclubleiter und einem kleinen Vertreterteam - dem Jugendclubrat - gebildet wird. Über diese Achse Sozialarbeiterin - Jugendclubleiter wird dann alles besprochen, wenn Anschaffungen nötig oder Veranstaltungen geplant sind, wenn es einmal Probleme oder Ärger gibt. Ansonsten verstehen sich die Sozialarbeiterinnen aus dem Caritasteam eher als "Backup". "Wenn alles klappt, gibt es für uns keinen Grund massiv aufzutreten", sagt die Teamleiterin der Caritas-Jugendsozialarbeit Daniela Tischendorf. "Die Jugendclubleiter wissen, wo sie uns finden. Das Ganze hat natürlich mit Vertrauen zu tun, denn wir stehen dafür gerade, dass das Jugendschutzgesetz Anwendung findet und die Aufsichtspflicht bei den Nicht-Volljährigen gewährleistet ist".
"In der Regel schaue ich in meinem Sozialraum ungefähr alle zwei Wochen mal in den Jugendclubs vorbei", ergänzt Kollegin Silke Grosch, die ihren Sitz in Dernbach hat. "Darüber hinaus bieten wir Sprechstunden für alle jungen Leute aus den Jugendclubs und natürlich auch für die Jugendclubleiter an."
Jugendclubleiter sind zum Beispiel der 23-jährige Mike K. in Brunnhartshausen, Johannes R. (22 Jahre) in Borsch und der ebenfalls 22-jährige Patrick S*): in Oberzella. Sie alle nehmen diese verantwortungsvolle Funktion ehrenamtlich wahr. Dabei geht es größtenteils um Organisatorisches und alltägliche Arbeiten, damit "der laden läuft": "Wir sorgen dafür, dass der Jugendclub geöffnet ist, und wir machen als letzter der Tür zu", sagt Patrick, "aber natürlich geht es auch ums Bereithalten von Getränken oder ums Aufräumen und Sauberhalten der Räume!" "Das will natürlich keiner alleine tun müssen", unterstreicht Mike lächelnd. Aber beklagen über mangelnde Unterstützung müssen sich die Jugendclubeiter eigentlich nie. Selbst für umfassende Renovierungen sind kräftige Jugendliche zur Stelle.
Der Jugendclub nimmt ja auch schließlich umgekehrt für die jungen Menschen eine wichtige Funktion ein. "Es geht um Freizeitgestaltung im weitesten Sinne des Wortes: Wir haben jede Menge Spiele, eine Playstation, aber hier trifft man sich auch für Gespräche oder schaut einfach mal vorbei, wer so da ist", resümiert Johannes. "Vor allem wollen im Jugendclub unsere Freunde treffen", bringt es die 18-jährige Ines B.*) auf den Punkt, die im Jugendclub ein- und ausgeht. "Wir wollen schließlich nicht allein sein!"
Gemeinschaft erleben unter Gleichaltrigen und Gleichgesinnten - das scheint eine der Triebfedern des Erfolges vom Jugendclub-Konzept zu sein. Da junge Menschen von ca. 16 bis Mitte 20 in die Einrichtungen kommen, gibt es auch ein Voneinander-Lernen zwischen jung und alt und umgekehrt. In den Kommunen finden die Jugendclubs durchweg große gesellschaftliche Akzeptanz auch bei den "richtig Erwachsenen". So konnten inzwischen bereits 42 solche Einrichtungen in Caritas-Trägerschaft wachsen und gedeihen.
Damit die Jugendclubleiter ihren Job dann aber auch wirklich in jeder Situation ruhig und gelassen machen können, erhalten sie regelmäßig gemeinsame Schulungen - eine Art Supervision und Erfahrungsaustausch. Und für die Jugendliche, bei denen es vielleicht mal nicht so rund läuft? Auch da hilft der gute Draht der Jugendclubräte zu den Caritas-Sozialarbeiterinnen: In ihren Sprechstunden bieten die Caritas-Mitarbeiterinnen Rat für alle Lebenslagen und Problemstellungen.
Gibt es auch Gemeinschaftsaktionen für alle Caritas-Jugendclubs der Caritas? "Eigentlich arbeitet jeder Jugendclub für sich", stellt Diplom-Sozialpädagogin Tischendorf fest. "Aber es gibt natürlich auch Angebote von uns, an denen sich die Jugendclubs gemeinsam beteiligen können. So machen wir verschiedene sportliche Turniere, Tagesfahrten, Projekte und vieles mehr. Demnächst, am 28. Mai, steigt unser Rock-Contest "Die Rhön rockt weiter" in Schleid bei Geisa. Die Sieger-Band fährt nach Berlin. Und Publikum ist natürlich erwünscht."